Sicherheitskonzept in Gefahr - Fans marschieren
Berlin (dpa) - Das umstrittene Sicherheitskonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) droht bei der Abstimmung der Vereine am Mittwoch zu scheitern. Mehrere Vereinsvertreter äußerten erneut Kritik am Zeitplan.
„Es bringt nichts, wenn man sich einen Zeitpunkt herausgreift, bei dem dann alles entschieden sein muss“, kritisierte Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic. HSV-Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow sagte dem Magazin „Focus“: „Wir hatten zu wenig Zeit, das Konzept mit unseren Fans zu besprechen.“
Die Anhänger protestierten am Samstag erneut gegen das Konzept. In den Stadien ging der Schweigeprotest weiter, nach dem Anpfiff blieb es während der ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden wieder still. Vor den Spielen zogen tausende Fans in Protestmärschen durch die Städte. In Dresden trugen 850 Fans symbolisch die Fankultur zu Grabe. In Augsburg protestierten vor dem Spiel gegen Bayern München Fans beider Mannschaften mit Plakaten wie „Zum Erhalt der Fankultur“. In Paderborn beteiligten sich rund 1000 Fans, in Dortmund demonstrierten 2000 Anhänger mit Spruchbändern wie „Fußball lebt durch seine Fans“. In Berlin protestierten bereits am Freitagabend rund 750 Fans.
Am Mittwoch sollen die 36 Profi-Clubs über das DFL-Papier „Sicheres Stadionerlebnis“ abstimmen. Die Innenminister von Bund und Ländern hatten die Vereine mit Nachdruck aufgefordert, das Konzept zu verabschieden und umgehend umzusetzen. Sie hatten am Freitag einen Forderungskatalog vorgelegt, in dem es unter anderem um eine Verschärfung der Video-Überwachung und der Einlasskontrollen geht.
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach forderte ein schnelles Votum für das Konzept. „Ich wüsste nicht, was eine Verschiebung bringen sollte“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Es sei wichtig, jetzt zu Absprachen zu kommen. „Wir wollen keine Emotionen unterbinden“, sagte er. „Sondern klar machen, dass es Regeln gibt. (...) Und wenn man die ignoriert, muss man mit Strafen rechnen.“
Eine Reihe von Clubs äußerte vor der Abstimmung Bedenken. „Druck in die Pipeline zu bringen, halte ich für falsch“, sagte Bobic. Der VfB lehne das Papier nicht grundsätzlich ab, habe es aber seinen Fanclubs zur Diskussion freigegeben. Bremens Präsident Klaus-Dieter Fischer machte sich im „Focus“ für einen Aufschub des Beschlusses und die Gründung von Arbeitsgruppen in den Vereinen stark.
Bayern-Trainer Jupp Heynckes sagte: „Es gibt drei Dinge, über die es nichts zu diskutieren gibt: Pyrotechnik, Rassismus und Gewalt.“ Er forderte, „dass beim Sicherheitsgipfel alle Argumente auf den Tisch kommen“. Sportvorstand Matthias Sammer sagte dem Sender Liga Total: „Sie sollen halt miteinander reden, und dann wird es eine gute Lösung geben. Da bin ich mir ziemlich sicher.“
Nach drei Spieltagen beendeten die Fans mit den Demonstrationen am Samstag ihren Protest gegen das Sicherheitskonzept. „Es war ein voller Erfolg“, sagte „Pro Fans“-Sprecher Philipp Markhardt. „Jeder hat es gehört, jeder hat es gesehen.“ Er hoffe, dass die Vereine am Mittwoch wenigstens die Entscheidung verschöben.
Der Vorschlag von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), einen Teil der Fußball-Fernsehgelder direkt in Fanprojekte und Stadionsicherheit zu investieren, stößt bei den Clubs hingegen auf Zustimmung. „Die Idee ist nicht uninteressant“, sagte Mönchengladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers dem „Focus“. „Man sollte dann aber ein Verfahren anwenden, mit dem honoriert wird, wenn Clubs in dieser Hinsicht schon gute und erfolgreiche Arbeit leisten.“ Augsburgs Geschäftsführer Peter Bircks sprach sich ebenfalls für den Vorschlag aus.