Union kündigt Stadionverbote an - Zingler: Versäumnisse
Berlin (dpa) - Nach den schockierenden Tumulten von Stockholm schaltet „Eisern“ Union von rückhaltloser Fan-Unterstützung auf die harte Linie um.
Drei Tage nach den gewalttätigen Ausschreitungen beim Testspiel gegen den schwedischen Erstligisten Djurgarden IF mit zwölf verletzten Polizisten rechnet der Berliner Fußball-Zweitligist damit, 50 bis 60 Stadionverbote aussprechen zu müssen. Nach Angaben des Clubs seien von der Berliner Polizei bisher 24 Personen identifiziert worden, die im Zusammenhang mit den Vorkommnissen rund um die abgebrochene Chaos-Partie in Schweden stehen sollen.
Union-Präsident Dirk Zingler hat auch Versäumnisse des Vereins eingeräumt. „Wir selbst waren nicht gut genug vorbereitet“, erklärte der Clubchef in einem Interview im vereinseigenen TV. Alle seien am vergangenen Samstag zum Testspiel beim schwedischen Erstligisten Djurgarden IF hingefahren, um da ein bisschen zu feiern. „Wir haben uns vielleicht von der Vorfreude ein bisschen berauschen lassen. Das ist eine bittere Erfahrung, dieser Fehler wird uns nicht noch einmal passieren“, sagte Zingler.
„Wir sind aufgefordert, schnell zu reagieren und schnell ein Zeichen zu setzen.“ Der Clubchef rechnet mit bis zu 60 Identifikationen. „Die Jungs und Mädels werden in den nächsten Jahren kein Fußballspiel mehr besuchen. Das ist nicht nur ein Schaden für den 1. FC Union, sondern für den Fußball, den wir mögen“, betonte Zingler. Die beiden beteiligten Clubs und die Polizei arbeiten zusammen an der Aufarbeitung der Randale, bei der auch ein deutscher Fan verletzt worden war.
Der Informationsaustausch mit Stadionbetreiber, Polizei und Union laufe, sagte Djurgarden-Pressesprecher Jonas Riedel in der „Berliner Zeitung“ (Dienstag): „Wir sind nicht gewohnt, dass solche Dinge im Stadion passieren.“ Die Partie war in Stockholm in der 73. Minute beim Stand von 1:1 (1:0) beendet worden, nachdem Anhänger beider Clubs wiederholt Pyrotechnik gezündet hatten und auf den Platz gestürmt waren. Auch nach dem Spiel war es zu Auseinandersetzungen im Stadion und in der Stockholmer Innenstadt gekommen.
Nun wird auch der DFB-Kontrollausschuss wegen der gewalttätigen Tumulte aktiv werden. „Der Kontrollausschuss wartet auf Unterlagen und Material vom schwedischen Verband. Dann wird er auf jeden Fall ermitteln, da das Spiel auch abgebrochen wurde“, sagte Michael Morsch aus der Medienabteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Jeder Verein sei verantwortlich für seine Fans. Das gelte auch für Spiele, die außerhalb Deutschlands stattfinden.
Der DFB sieht es als sinnvoll an, dass die beteiligten Vereine Interesse an einer Aufklärung hätten und auch die Polizei beider Länder zusammenarbeiten würde. Da es sich um ein Freundschaftsspiel gehandelt hatte, sind die Sportgerichtsbarkeiten der nationalen Verbände zuständig für die Aufarbeitung. Bei einem Wettbewerbsspiel der UEFA wäre es der europäische Verband. Falls der DFB-Kontrollausschuss belastendes Material erhält, würde ein Strafantrag beim DFB-Sportgericht gestellt.
Bei vorherigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Union-Fans in Köln und Kaiserslautern hatte sich der Verein immer hinter seine Anhänger gestellt und sogar das unverhältnismäßige Eingreifen der Sicherheitskräfte angeprangert. Die Zeit der vorbehaltlosen Rückendeckung ist für den kleinen Teil der Fans, der wie in Stockholm die Gewalt nicht ausschließen will, vorbei. Die Vereinsführung und auch die Profis distanzierten sich deutlich. „Man überlegt sich natürlich, was man dazu sagt. Ich habe das Gefühl, dass jedes Wort, was man darüber verliert, eins zu viel ist“, sagte Verteidiger Mario Eggimann.