2. Liga Verrückte Arminia: „Blut, Schweiß und Tränen“
Bielefeld (dpa) - Die Stimme von Carsten Rump in der Kabine von Arminia Bielefeld wird lauter und lauter. Sie bebt und zittert. Energisch schlägt der Co-Trainer des abstiegsgefährdeten Fußball-Zweitligisten mit der Faust auf den Trikotkoffer.
„Ihr müsst mir jetzt ein Versprechen leisten, dass ihr für eure Familie alles gebt“, ruft, nein brüllt Rump: „Für eure Familie! Für eure Kinder werdet ihr jetzt da draußen ackern, vom Anfang bis zum Ende! Und wir werden das Spiel gewinnen!“ Die Spieler schreien „Jaaaa“, trommeln mit der Hand auf den Trikotkoffer, gehen raus - und schreiben ein weiteres Stück verrückte Arminia-Geschichte.
Nein, eine Nummer kleiner geht es bei den Ostwestfalen irgendwie nicht. „Es ist wirklich verrückt. Das liegt wohl wirklich alles in der DNA dieses Vereins“, sagte Sportchef Samir Arabi der Deutschen Presse-Agentur. Dass diese, wie vom früheren Geschäftsführer Marcus Uhlig einmal formuliert, „Blut, Schweiß und Tränen“ umfasse, „große Tragödien und große Spektakel“ könne er „nur bestätigen“.
Nach Rumps aufrüttelnder Ansprache, die als Video offenbar durch eine Spielerfrau an die Öffentlichkeit kam, gab es auf der altehrwürdigen Alm wieder ein denkwürdiges, aufreibendes Spiel. Diesmal mit positivem Ausgang: Die Arminia schlug den Aufstiegs-Aspiranten Eintracht Braunschweig am vorletzten Spieltag 6:0 und hat den Klassenverbleib plötzlich wieder in der eigenen Hand.
Schon nach Rumps Ansprache habe er sofort gemerkt, „dass die Spieler emotionalisiert sind“, berichtet Arabi nach dem höchsten Sieg seit 31 Jahren. Schwierig wird nun die Balance zwischen der Euphorie und der Fokussierung auf das noch nicht erreichte Ziel. Arabi bremst aber nicht. „Die Mannschaft soll das Selbstvertrauen mitnehmen und in Dresden mutig spielen“, sagt er.
Zumal sie in Bielefeld Dramen am letzten Spieltag wahrlich gewohnt sind. In den vergangenen 22 Jahren wechselte die Arminia 13 mal die Klasse, stieg siebenmal auf und sechsmal ab. Und bis auf die vergangene Saison ging es am letzten Spieltag eigentlich immer um was. Meistens um nicht weniger als die Existenz. Denn die Arminia hat weiter 20 Millionen Euro Verbindlichkeiten. Ob sie in der 2. Liga bleibt oder in die 3. absteigt, ist für den Geschäftsführer Finanzen, Gerrit Meinke, deshalb „eine existenzielle Frage“.
Arabi ist nicht scharf auf eine erneute Relegation. „Da geht es immer um die Nerven. Das sind unschöne Spiele“, sagte er. „Ich bräuchte das Ganze nicht nochmal. Zumal ich wohl am Tag des Relegationsspiels zum zweiten Mal Vater werde. Aber wenn wir 16. werden sollten, nehmen wir es als Zusatzchance an, die wir nutzen wollen.“