Vrabec nutzt erste Bewährungschance - Chef tritt nach
Hamburg (dpa) - Absage an Club-Ikone Stanislawski, Abrechnung mit Ex-Coach Frontzeck, aber einhelliges Lob für dessen Nachfolger: Mit dem höchsten Saisonsieg hat Trainer-Nobody Roland Vrabec beim FC St. Pauli die erste von sechs Bewährungsproben eindrucksvoll bestanden.
„So ein Spiel mit so einem Ergebnis - überwältigend“, stammelte der mit einer Jobgarantie bis zur Winterpause ausgestattete Interimscoach nach dem 3:0 (1:0) in der 2. Fußball-Bundesliga gegen Energie Cottbus zufrieden. Clubchef Stefan Orth nutzte den guten Auftritt, um gegen den überraschend beurlaubten Michael Frontzeck nachzutreten und den als Nachfolger gehandelten Holger Stanislawski auszuschließen.
„Wir wollen hier Angriffsfußball sehen, und das ist heute zum ersten Mal der Fall“, sagte der Präsident zur Verblüffung vieler Beobachter im Halbzeit-Interview dem TV-Sender Sky und rügte damit öffentlich Frontzecks Arbeit. Mit dem bei Profis und Fans angesehenen Ex-Nationalspieler war der ambitionierte Funktionär, der den Kiezclub im Kreis der Top-25 in Deutschland etablieren will, schon einmal im Sommer aneinandergeraten. Er kündigte vor dem Auftaktspiel gegen 1860 München (1:0) einen klaren Sieg an und wurde von seinem Angestellten Frontzeck dafür gerüffelt. Seitdem gilt ihr Verhältnis als schwierig.
Einmal in Plauderlaune, legte sich Orth fest, dass Ur-Paulianer Stanislawski „nicht das Weihnachtsgeschenk“ für die Fans sein werde. Als nächsten Trainer könne er den allseits beliebten „Stani“, der 18 Jahre in verschiedenen Funktionen am Millerntor mit Erfolg tätig war, „auf jeden Fall“ ausschließen, meinte der Clubchef.
Nicht nur deshalb spricht - bei anhaltendem Erfolg - viel für die kostengünstige Lösung mit dem bereits als No-Name-Coach bezeichneten Vrabec als Dauerlösung. Der überzeugte gleich in Spiel 1 unter seiner Regie mit einer eigenen Handschrift. Weniger der Verzicht auf den Hotel-Aufenthalt vor Heimspielen, als vielmehr die taktische Variante mit nur einem „Sechser“, einer Mittelfeld-Raute und der Rückkehr zu zwei Stürmern bewährte sich. Gegen das seit fünf Spielen sieg- und 459 Minuten torlose Schlusslicht Cottbus waren mehr als die Treffer durch Fin Bartels, Sebastian Schachten und Markus Thorandt möglich.
„Wir sind auf einem guten Weg“, stellte Bartels dennoch zufrieden fest. Mit einem Mann auf der Bank, der ein „absoluter Amateurspieler“ (Vrabec) war, mit 26 aufhörte und „immer Trainer werden wollte, um Spieler zu entwickeln“. Jürgen Klopp holte ihn einst zum Nachwuchs des FSV Mainz 05, später war Vrabec unter anderem beim Deutschen Fußball-Bund im U-19-Trainerstab. Unter Frank Wormuth wurde er 2010 Fußball-Lehrer. Der DFB-Chefausbilder lobte Vrabec im „Hamburger Abendblatt“ als innovativ und kompetent: „Er passt mit seiner Art. Vrabec ist ein echter Typ - einer wie Stanislawski oder Frontzeck.“