Wettskandal: Erste Angeklagte vor Freilassung
Bochum (dpa) - Diesmal haben sie sich nicht verzockt: Nach ihren weitreichenden Geständnissen im Fußball-Wettskandal können die ersten beiden Betrüger das Gefängnis wohl noch in dieser Woche verlassen.
Das Bochumer Landgericht hat den Angeklagten Nürettin G. und Tuna A. signalisiert, dass sie auf Kaution freikommen. Vereinbart wurden 20 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft will der Entlassung nach 13-monatiger Untersuchungshaft zustimmen. Die Anwälte müssen nun klären, wie schnell das Geld aufgebracht und bei Gericht hinterlegt werden kann.
Jens Meggers, Verteidiger von Nürettin G., zeigte sich über die bevorstehende Entlassung erfreut: „Unsere Prozess-Strategie ist aufgegangen“, sagte er. Auch Reinhard Peters, Verteidiger von Tuna A., war zufrieden: „Das ist ein schöner Erfolg.“
Die Nachricht von der bevorstehenden Entlassung sickerte am Ende des achten Prozesstages durch und wirkte wie ein Weckruf. Keine zehn Minuten nach der Ankündigung des Gerichts signalisierten auch die Verteidiger des Angeklagten Stevan R., dass nun möglicherweise ebenfalls ein Geständnis kommt. Diese Frage soll nun noch einmal intensiv mit R. besprochen werden.
Zuvor waren die Machenschaften der Wettmafia detailliert erörtert worden. Um unbestechliche Spieler aus dem Weg zu räumen, war angeblich sogar der „Knockout“ eines Torwarts geplant. Alternativ sollte der Profi vergiftet werden. „Man sollte ihm was ins Getränk tun, damit ihm schlecht wird“, sagte Tuna A. den Richtern. So sollte erreicht werden, dass ein korrupter Ersatzmann zwischen den Pfosten steht. Opfer des heimtückischen Angriffs sollte der erste Torwart des nordrhein-westfälischen Regionalligisten SC Verl sein. Der Plan sei am Ende jedoch nicht umgesetzt worden.
Außerdem wurde bekannt, dass die Angeklagten möglicherweise schon fünf Monate vor ihren Festnahmen gewarnt worden sind. „Ich habe schon im Juni 2009 erfahren, dass eine Sonderkommission ermittelt und dass unsere Telefone abgehört werden“, sagte Tuna A. den Richtern.
Heimlicher Tippgeber soll ein Informant bei der Polizei gewesen sein. Bandenmäßige Absprachen habe es dagegen nicht gegeben. Auch habe man nie in großer Runde zusammen gesessen. „Jeder hat versucht, seine eigenen Spiele zu machen“, sagte der ehemalige Wettbüro-Betreiber Nürettin G.. Teilweise sei sogar versucht worden, einzelne Personen von manipulierten Wetten auszuschließen.
Die Anzahl der Vorwürfe hat sich zwischenzeitlich weiter erhöht. Staatsanwalt Andreas Bachmann hat gegen die Angeklagten Stevan R. und Kristian S. eine zweite Anklage erhoben. Darin ist von mindestens fünf weiteren mutmaßlich manipulierten Fußballspielen die Rede. Details sind vor der 13. Strafkammer allerdings noch nicht bekanntgeworden.
Unklar ist außerdem, ob sie im aktuellen Prozess überhaupt mitverhandelt werden. Zurzeit lehnt die Verteidigung dies ab. Der Prozess wird am 15. Dezember fortgesetzt. An diesem Tag soll der noch nicht angeklagte Marijo C. in den Zeugenstand treten. Er gilt als Schlüsselfigur in der betrügerischen Wett-Szene.