Auch mit 65 macht Klaus Fischer noch den Fallrückzieher
Gelsenkirchen (dpa) - Auch seinen 65. Geburtstag wird Klaus Fischer am Samstag traditionell in seiner Heimat im Bayrischen Wald verbringen.
Immer zum Jahresende kehrt einer der berühmtesten Söhne der Stadt Zwiesel und einer der bekanntesten Fußballer Deutschlands dorthin zurück, wo er im nahen Dörfchen Kreuzstraßl aufgewachsen ist. Mit Frau Margit ist er schon vor den Feiertagen aufgebrochen. „Das hat bei uns Tradition“, sagte Fischer.
Beim FC Schalke 04 hat er den Großteil seiner Spielerkarriere verbracht und in Gelsenkirchen-Buer seine zweite Heimat gefunden. Der bodenständige Vollblutstürmer tat sich anfangs schwer, die vertraute Umgebung zu verlassen. „Für mich war schon der Wechsel vom SC Zwiesel zu 1860 München ein Riesenschritt“, erzählte der ehemalige Nationalspieler, der vor dem Gewinn der EM 1980 schon Europameister im Eisstockschießen war.
Dabei wollte ihn Hennes Weisweiler schon 1968 zu Borussia Mönchengladbach holen, aber der legendäre Trainer befand den damals 18 Jahre alten Torjäger für körperlich zu schwach. Fischer unterschrieb bei den „Löwen“ und machte dort in zwei Jahren mit 28 Treffern auf sich aufmerksam.
Dann lockte Schalke, Fischer konnte sich nicht entscheiden und unterschrieb sowohl in Gelsenkirchen als auch in München einen Vertrag. Der DFB brummte ihm eine Geldstrafe auf, doch der Weg für eine große Karriere im Westen war frei. „Meine Mutter hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gesagt: Junge, was willst du denn im Kohlenpott, da ist doch alles dreckig“, erzählte Fischer. „Anfangs hatte ich auch enorme Schwierigkeiten auf Schalke. Wegen meiner breiten Mundart haben mich die Mitspieler kaum verstanden, aber auf dem Platz lief alles bestens.“
In einer aufstrebenden Mannschaft mit Spielern wie Norbert Nigbur, Rüdiger Abramczik, „Stan“ Libuda und dem neuen Torjäger wächst Schalke zu einem Spitzenteam heran - bis sich Fischer seine Karriere mit „der größten Dummheit meines Lebens“ fast selbst zerstört. Im Bundesligaskandal verschiebt Schalke am 17. April 1971 ein Heimspiel gegen Arminia Bielefeld. Für 40 000 Mark verliert Schalke im Parkstadion absprachegemäß mit 0:1. Im Zuge der Ermittlungen gegen Schalke und andere beteiligte Klubs bestreiten Fischer und Co. sogar vor Gericht eine Manipulation, was den Profis teils lange Spielsperren einbringt. Da ist Fischer gerade einmal 22. Als er im Herbst 1973 wieder spielen darf, macht er da weiter, wo er vor seiner Verbannung aufgehört hat: Tore schießen. Am Ende seiner Laufbahn sind es 268 Treffer in 535 Partien, nur Gerd Müller hat es in der Bundesliga auf mehr gebracht.
In Erinnerung blieben vor allem zwei Tore: sein Fallrückzieher am 16. November 1977 im Länderspiel Deutschland gegen Schweiz (4:1), der zum „Tor des Jahrhunderts“ gewählt wurde sowie der Treffer zum 3:3 in der Verlängerung des WM-Halbfinals 1982 in Sevilla gegen Frankreich.
Noch heute, wenn Fischer mit seiner Fußballschule durch die Lande zieht, muss er sich aufs Kreuz legen. „Die Kinder kennen mich ja gar nicht, aber die Väter sagen: Das ist der Fischer, der mit dem Fallrückzieher. Und wenn sie mich dann bitten, dann mache ich den auch vor.“ Mit 65 ist Fischer noch viel zu fit fürs Altenteil. Beim FC Schalke kickt er noch regelmäßig in der Traditionself: „Dann aber ohne Fallrückzieher.“