Borussia Mönchengladbach André Schubert: Der Selbstoptimierer
Borussia Mönchengladbachs Interimstrainer André Schubert macht in diesen Tagen alles richtig. Das war nicht selbstverständlich. Ob das nun für eine Chefrolle reicht?
Mönchengladbach. Vielleicht schließt er am Mittwoch auch noch seine letzte Baustelle. Wenn André Schubert den Schweizer Stürmer Josip Drmic im DFB-Pokalspiel bei Schalke 04 (20.30 Uhr/ARD) ins Rennen würfe, weil der Brasilianer Raffael Grippe erkrankt ausfallen wird, verbinden sich damit für den Trainer von Borussia Mönchengladbach gleich zwei Gelegenheiten: Stimmungsaufheller für einen unzufriedenen Zehn-Millionen-Einkauf zu sein, der bislang unter Schubert noch keine Pflichtspielminute bestritten hat.
Und: Sollte Drmic auf Schalke zum Trumpf werden, wäre Schubert wirklich alles gelungen, was er seit Amtsbeginn angefasst hat. Der Trainer braucht solche Zeugnisse seiner Arbeit, wenn er Sportdirektor Max Eberl dauerhaft überzeugen will.
Das ist ja das Thema bei Borussia Mönchengladbach: Wird der 42-Jährige, unter dessen Anleitung Gladbachs Profis fünf Liga-Spiele in Folge gewannen, bald vom Interims- zum Cheftrainer befördert? „Ich verfolge das mit großer Gelassenheit“, sagt Schubert selbst, Eberl indes hält sich standhaft an seine ausgegebene Diktion: Alles ist möglich — und das zu jedem Zeitpunkt.
Am Dienstag, als es um das Pokalspiel in Gelsenkirchen ging, machte Eberl zwei Meter neben Schubert sitzend nicht den Anschein, als stehe er gerade unter besonderem Stress. Warum auch? Es läuft ja: Gladbach siegt, Schubert geht seiner Arbeit erfolgreich und ohne jede Forderung nach, und die Kandidaten, die künftig eine Hauptrolle spielten könnten, werden nicht weniger: Der in Hoffenheim geschasste Markus Gisdol genießt einen guten Ruf und würde vom Profil zur Borussia passen. Und Markus Weinzierl, dem hier das Prädikat Wunschtrainer anhaftet, ist mit seinem FC Augsburg auf Tiefflug. Manchmal muss man auch warten können. Das weiß Eberl. Das weiß auch Schubert.
Dabei macht der Trainer gerade alles richtig. Findet den richtigen Ton den Spielern gegenüber. Da ist von „Flaco“ und „Raffa“ die Rede, womit Patrick Herrmann und Raffael gemeint sind. Das verrät Nähe und Lockerheit, die Vorgänger Lucien Favre fremd war. Die Spieler danken es ihm. Schubert kommt zum richtigen Zeitpunkt. weil ein solcher Umgangston dann geschätzt wird, wenn zuvor lange Distanz zum Tagesgeschäft gehörte.
„Wir arbeiten gern mit ihm. Ich hoffe, dass er bleibt“, sagte jüngst Ibrahima Traoré, Kapitän Granit Xhaka wirbt seit Wochen für den Trainer, der derzeit den Mittelweg zwischen Bescheidenheit und Selbstbewusstsein findet. Seine Auftritte sind verbindlich und durchaus sympathisch. Schubert macht, was er machen kann. Aber ob das reicht?
Es gibt eben auch eine Vergangenheit, die ihm nachhängt. Fachlich hat Schubert noch niemand die Qualifikation abgesprochen, aber auf seinen Stationen in Paderborn und St. Pauli finden sich Leute, die jene Zuneigung nicht teilen. Paderborns Vereinsboss Wilfried Finke, der gerade auf der Effenberg-Welle reitet, sagte einmal über Schubert: „Er hat ein Problem mit seiner Dünnhäutigkeit und seiner Kritikfähigkeit“.
In Hamburg galt der Coach schon mal so gut wie entlassen, weil er einigen Spielern und Vereinsangehörigen zu sehr auf den Schlips getreten sei. Schubert rechtfertigte sich deswegen 2012 öffentlich: „Ich bin sicher nicht der Diplomatischste unter der Sonne. Oft gehen mir Sachen zu langsam, dann bin ich ungeduldig. Ich muss weiter lernen, Dinge souveräner zu nehmen“, sagte er seinerzeit, als er dann doch bleiben durfte und stattdessen Sportdirektor Helmut Schulte gehen musste. „Damit habt ihr nicht gerechnet, oder?“, sagte Schubert seinerzeit lächelnd.
So etwas passiert ihm heute nicht mehr. Der Mann, der am Handgelenk eine Uhr so groß wie ein Mobiltelefon trägt, weiß, dass diese Wochen und Monate seine große Chance sind. Wenn nicht in Gladbach, dann eben bald woanders. Einen Trainer, der auf Anhieb funktioniert, werden noch viele Vereine brauchen.