Eberls Kampf um Kramer
Gladbachs Weltmeister ist von der WM zurück. Der Sportdirektor strebt an, ihn über 2015 hinaus zu binden.
Rottach-Egern. Für Max Eberl begann das Trainingslager mit einem Misserfolg. Der Manager von Borussia Mönchengladbach konnte einen seiner Spieler nicht erreichen. „Ich habe versucht, Christoph anzurufen, aber sein Handy ist aus. Wahrscheinlich ist er immer noch siegestrunken“, sagte Eberl.
Gemeint war Christoph Kramer, und während seine Clubkollegen in Rottach-Egern am Tegernsee von Trainer Lucien Favre am Dienstag zur ersten Einheit gebeten wurden, ließ sich Kramer gerade in Berlin von Hunderttausenden Fans feiern. Am vergangenen Sonntag hatte der defensive Mittelfeldspieler in Rio de Janeiro mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft den WM-Pokal gewonnen.
Kramer spielte 31 Minuten und ist damit der erste Gladbacher Weltmeister seit Vogts und Bonhof 1974, der in einem Finale eingesetzt wurde. „Es ist toll, was der Junge erlebt hat. Weltmeister bleibt er nun sein Leben lang. Und dann hat er im Endspiel sogar in der Startelf gestanden“, sagte Eberl.
Dass sich Kramer frühzeitig eine Gehirnerschütterung zuzog und von Erinnerungslücken sprach, beunruhigte Eberl nur kurz. „Wir haben uns beim Ärzteteam des DFB natürlich sofort erkundigt. Christoph ist medizinisch wieder okay“, sagte Eberl. Der 40-Jährige strahlte über beide Wangen und merkte mit erkennbarem Stolz in der Stimme an, dass Gladbach wieder einen Weltmeister hat — und Bayer Leverkusen eben nicht.
Hintergrund dieses Vergleiches ist die Tatsache, dass Kramer im vergangenen Sommer just von der „Werkself“ zur Borussia ausgeliehen wurde. Das Geschäft läuft noch bis 2015, Eberl will indes vorher um den Dauerläufer aus Solingen kämpfen. „Wir haben vor, ihn zu behalten, aber das liegt nicht in unserer Hand. Allerdings fühlt er sich sehr wohl bei uns.
Und er weiß auch, dass wir ihm die Chance auf die Weltmeisterschaft ermöglicht haben. Wenn ihn Leverkusen jedoch zurückholt, dann hatten wir zumindest für immerhin zwei Jahre einen fantastischen Spieler“, so Eberl über den 23-Jährigen, der wegen seiner immensen Wege, die er im Spiel zurücklegt, „Kilometerfresser“ oder „Duracell“ genannt wird.
Einen solchen Spieler sucht Eberl nicht für den Angriff , dennoch kann er sich vorstellen, in der Offensive noch einmal auf dem Markt tätig zu werden — nach dem Wechsel von Luuk de Jong zum PSV Eindhoven für eine Ablöse von rund sieben Millionen Euro und dem kurz bevorstehenden Abgang von Peniel Mlapa, der mit 1860 München verhandelt.
„Unser Kader ist eigentlich komplett. Wenn wir noch einen Transfer tätigen, dann haben wir hohe Ansprüche an den Zugang“, sagt Eberl und hat klare Vorstellungen von Profil und Qualität eines möglichen Zugangs. „Er soll kein Stoßstürmer sein, sondern Qualitäten besitzen, die zu unserem Spielstil passen — also Schnelligkeit sowie ein starkes Spiel in die Tiefe.“ Finanziell sei Spielraum vorhanden. Dann bleibt zu hoffen, dass mögliche Kandidaten ihr Handy für diesen Anruf des Sportdirektors angeschaltet haben.