Borussia Mönchengladbach Hecking lobt Held Stindl zu Löw

Nach dem 3:2 im Derby in Köln ist Borussia Mönchengladbach wieder auf europäischen Wettbewerb eingestellt. Möglich ist das.

Lars Stindl hat den Siegtreffer zum 3:2 gemacht.

Foto: Federico Gambarini/dpa

Mönchengladbach. Wenn es einen Beweis noch brauchte, der bestätigt, wie viel Adrenalin Dieter Hecking da am Spielfeldrand durch den Körper schießt, war es diese Szene am Samstagnachmittag in Köln-Müngersdorf: Der Trainer des Fußball-Erstligisten redete lautstark auf Jonas Hofmann ein, gerade hatte Lars Stindl das 3:2 im Derby beim 1. FC Köln erzielt, und Hecking mahnte den Gladbacher Offensivspieler am Rande der Trainerbank an, jetzt „endlich mal Ruhe reinzubringen“. Hofmann schaute verdutzt, lächelte dann und antwortete: „Eigentlich haben Sie mich gerade schon ausgewechselt.“ Es folgte fröhliches Gelächter auf der Borussia-Bank, bei Hofmann wie auch herzhaft bei Hecking.

Und als diese packenden 90 Minuten absolviert waren, rissen sie alle zusammen die Arme hoch: 3:2 für Gladbach, Derbysieg, bis auf einen Punkt rangekommen an die einst schon enteilten Kölner. Es waren die Punkte 20 bis 22 für die Gäste in der laufenden Rückrunde: Nach den Bayern ist die Fohlen-Elf das beste Team der zweiten Liga-Saisonhälfte. Wieder schickt sich eine Gladbacher Mannschaft an, ihre außergewöhnlichen Qualitäten in Serie in Punkte umzumünzen: Unter dem Trainer Lucien Favre war man vor zwei Jahren nach elf Spielen in der zweiten Halbserie sogar noch besser. Und auch unter André Schubert gelang ab Amtsbeginn eine beachtliche Positivserie, ehe die Malaise unter dem Ex-Trainer in die Hecking-Ära führte. Was diese Ära noch hervorbringen kann, das lässt sich erahnen: Schwer zu glauben, dass sich die Borussia in der Form von Köln im nervenaufreibenden Kampf um das europäische Geschäft noch aufhalten lässt, wenngleich die nächsten Aufgaben in Hoffenheim und gegen Dortmund nichts weniger als schwerste Prüfungen sind. „Jetzt sind wir wieder mittendrin“, sagte Ibrahima Traoré, der für das 2:1 gesorgt hatte. Dann entschwand er in die Katakomben, und als die Glastür langsam zufiel, da hallte Traorés Siegesschrei problemlos zurück bis zu den Journalisten.

Stindl schießt Gladbach zum Derbysieg
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Keine Frage, die Fohlen hatten gute Laune. Es steht ja auch noch das Pokal-Halbfinale am 25. April gegen Eintracht Frankfurt an, und wenn man das alles zusammennimmt, könnte aus einer anfänglich schwierigen Saison am Ende tatsächlich noch eine herausragende werden. Gleichwohl mit zwei Wermutstropfen: Denn was man in Mahmoud Dahoud (nach Dortmund) und Andreas Christensen (zum FC Chelsea) verliert, wurde auch in Köln deutlich: Dahoud steuerte das sehenswerte Kombinationsspiel mit 120 Ballkontakten und einer Vehemenz, die man ihm zu Beginn der Saison unter Schubert viel zu oft abzusprechen versuchte. Das mündete nun in 75 Prozent Ballbesitz für die Gäste, die Fußball spielten, während die Gastgeber zur Defensivtaktik vergaßen, jenes Spiel mit Härte offensiver anzugehen. „Köln hat eine gute Ordnung, deswegen musst du sie immer wieder bespielen, das haben wir gemacht“, sagte Hecking spürbar glücklich. Der Trainer hatte alles richtig gemacht, brachte mit Traoré den Torschützen zum 2:1, und mit Josip Drmic jenen Null-Tore-Stürmer ins Zentrum, der vor dem 3:2 durch Stindl mit einem beachtlichen Knaller an den Pfosten kollektive Kölner Desorientierung auslöste. Es waren die Signale Heckings für einen hoch verdienten Sieg im Derby, weil Gladbach eben jenen Sieg auch unbedingt gebraucht hatte für die Annäherung ans europäische Geschäft. Und weil es gerade so schön war, erging auch noch eine Grußadresse an Joachim Löw, der beständig an Lars Stindl vorbei geht, obwohl der Offensivspieler ganz viel mitbringt, was der Nationalelf helfen könnte: Ballsicherheit, Spielstärke, vor allem Abschlussstärke.

Stindl ist kein Strafraumstürmer, wie Löw sie nicht wirklich will, sondern ein vielseitiger und variabler Fußballer. Allenfalls nicht sonderlich schnell, aber das bügelt der 28 Jahre alte Mann aus Speyer mit überragenden körperlichen Fähigkeiten regelmäßig aus. Also lobte Hecking: „Ich kann nur Empfehlungen aussprechen. Er hätte es sich verdient, sich zumindest mal in diesem Kreis zu zeigen. Und wenn er die Chance bekommt, würde Jogi einen guten Spieler kriegen. Und wenn Jogi Löw andere Ideen hat, ist das sein gutes Recht.“ So kann man das machen als Vereinstrainer: diplomatisch sauber, aber nahe am Spieler, den Hecking für sich vom ersten Tag an gewonnen hat. Wie offenbar auch den Brasilianer Raffael, der unter der Woche Vater von Zwillingen geworden war und in Köln nach 53 Minuten vom Feld humpelte. Es war nur eine Prellung, Hecking gab Entwarnung. Alles andere hätte zu diesem Tag auch nicht gepasst.