Werben um Trainer Bayern-Bosse forcieren die „Charme-Offensive“ bei Heynckes
München (dpa) - Der größte Kampf des FC Bayern in der Fußball-Bundesliga gilt nicht mehr den Gegnern, sondern dem immer intensiveren Werben um Jupp Heynckes.
Das 3:1 zum Rückrundenstart beim Tabellenvierten Bayer Leverkusen stimmte die Münchner Bosse schon wieder rundum glücklich. „Ich genieße die Spiele von uns. Ich genieße, wenn wir gewinnen“, verkündete der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, der den erfolgreichen Neustart in der BayArena an der Seite von Präsident Uli Hoeneß bejubelt hatte.
Der „Erfolgshunger“ der Münchner Profis ist auch 2018 intakt, wie Rummenigge zufrieden feststellte. Der sechste Meistertitel am Stück ist angesichts des zweistelligen Punktevorsprungs auf die Verfolger nur noch Formsache. Trotzdem sollen es sich die Bayern-Stars in ihrer behaglichen Platz-eins-Situation bloß nicht zu gemütlich einrichten, wie der Trainer mahnte. „Das wissen die Spieler, dass ich das immer wieder einfordere“, sagte Heynckes, der die Konzentration schon deswegen hochhalten muss, weil es ihm um mehr geht: das Triple!
Die Spieler sollten bloß nicht lässig werden, mahnte der 72 Jahre alte Coach. Zurecht. Denn als Bayer nach den Toren von Javi Martínez und Franck Ribéry mit Kevin Vollands doppelt abgefälschtem Schuss in der Spätphase des Spiels zum 1:2 verkürzte, wackelte der Meister kurz; bis James einen Freistoß wunderschön ins Tor schlenzte.
„Da hat es ganz einfache Ballverluste gegeben, das war ein bisschen oberflächlich und nicht konzentriert genug“, rügte Heynckes. Ihren Jupp bewundern die Bossen so sehr, dass sie ihn unbedingt länger behalten wollen. Das Umwerben und Umschmeicheln des Triple-Machers von 2013 wird darum im neuen Jahr forciert. Am Sonntag übernahm diesen Part Rummenigge beim TV-Sender Sky in der Sendung „Wontorra“.
Dass Heynckes seiner vierten Bayern-Amtszeit ein bis dato immer wieder bestätigtes Limit bis zum Saisonende gesetzt hat, entmutigt die Bosse keineswegs. „Bei uns gibt es die große Charme-Offensive von Uli Hoeneß. Und, wenn ich ehrlich bin, unterstütze ich die total“, sagte Rummenigge. 16 Siege in 17 Spielen haben die Heynckes-Bayern gefeiert, „die Spieler lieben ihn“, rühmte der Bayern-Chef. Man werde diesen „Trainer der Extraklasse“ nicht kampflos aufgeben!
Der Ball liegt also bei Heynckes, der Anfang Mai 73 wird. „Der Job Fußballtrainer bei Bayern München kostet Kraft, kostet Energie und ist ein Stressfaktor“, räumte Rummenigge ein. Das weiß und spürt auch Heynckes, den das Werben einerseits nerven dürfte, aber durchaus auch schmeicheln wird. Zeitdruck verspürt der Verein angeblich nicht, wobei Rummenigge in der Trainerfrage am Sonntag eines verriet. Geht Heynckes, dann soll ein deutschsprachiger Coach die Nachfolge antreten. „Entschieden ist, dass wir einen deutschen Trainer ab 1. Juli haben. Der idealste wäre Jupp Heynckes“, sagte Rummenigge.
Mindestens bis zum Sommer aber ist Heynckes noch der Chef. Und zwei weitere ältere Bayern-Protagonisten sollen zumindest solange auch noch zu Erfolgen beitragen: Der fast 34-jährige Arjen Robben und der fast 35-jährige Franck Ribéry standen erstmals in dieser Saison gemeinsam in einer Erstliga-Startformation. Die beiden Fan-Lieblinge spielen um neue Einjahresverträge. Ribéry empfahl sich mit seinem ersten Saisontor. Hinterher bekam der Franzose unter anderem großes Lob von Torwart Sven Ulreich: „Er ist total wichtig für die Mannschaft, er ist total spritzig und zeigt mit seinen 34 Jahren den Jungen, wo es lang geht“, sagte Manuel Neuers Vertreter.
Ein „Dankvertrag“ für Rib und Rob sei keine Option, bemerkte Rummenigge. Der Verein stehe vor einer schwierigen Entscheidung. „Machen wir mit ihnen weiter - oder müssen wir einen Umbruch herbeiführen?“ Der ist ohnehin schon im Gange. Nationalspieler Leon Goretzka (22) wird ablösefrei vom FC Schalke kommen, auch wenn Rummenigge den Wechsel nur indirekt bestätigte: „Einig ist man sich dann, wenn der Vertrag unterschrieben ist und die medizinische Untersuchung abgelaufen ist. So weit sind wir noch nicht.“
Auf den Zwölf-Millionen-Euro-Winterzugang Sandro Wagner verzichtete Heynckes in Leverkusen bis zur 79. Minute. Erst dann feierte der Nationalstürmer sein Pflichtspiel-Comeback im Bayern-Trikot. Wagner hatte schon gehofft, den fehlenden Torjäger Robert Lewandowski von Beginn an zu ersetzen. „Der Trainer hat es mir am Freitag gesagt - ich habe es akzeptiert“, sagte er zur Entscheidung von Heynckes. Er nehme die Situation so an, wie sie sei. Sauer? Ach was! „Ich bin stolz, dass ich bei einem der besten Vereine der Welt spiele.“