Bundesliga BVB gegen Köln: Der Tag der offenen Wunden
Köln trifft am Freitagabend auf Dortmund — und auf die jüngste Vergangenheit. BVB-Trainer Peter Stöger bekleidet dabei die Hauptrolle.
Köln. Ein Gespräch hat es bis heute nicht gegeben. Nicht zwischen Peter Stöger und Jörg Schmadtke, die konsequent angedacht waren, als Kölner Traum-Kombination durch die nächsten rheinischen Jahrzehnte wandern zu sollen, aber dann aber plötzlich beide weg waren. Nicht zwischen Schmadtke-Nachfolger Armin Veh und Stöger. Allein des Trainers Nachfolger Stefan Ruthenbeck bekannte vor einigen Wochen, beim Österreicher mal angerufen zu haben. „Da ging aber nur die Mailbox ran“, verriet Ruthenbeck. „Wir sehen uns ja am Freitag, es gibt keinen Grund, die Dinge noch einmal durchzusprechen“, ließ Stöger dieser Tage wissen.
So ist das im Fußball: Kaum etwas überdauert. Der Erfolg festigt die Beziehungen, fehlt er, reißt er alles auseinander. Aber weil das so wahnsinnig ist, was sich da zwischen Köln und Dortmund innerhalb weniger Monate getan hat, ist das Erstliga-Spiel am Freitag zwischen den Kontrahenten (20.30 Uhr/Eurosport) von besonderem Reiz. Stöger kommt zurück, fast auf den Tag genau zwei Monate, nachdem er gegangen ist. Er kommt mit seinem Dauer-Assistenten Manfred Schmid. Und vor Tagen wechselte auch der langjährige Kölner Torwarttrainer Alexander Bade in das Dortmunder Stöger-Team. Es wird ein Sammelsurium der offenen Wunden in Müngersdorf erwartet.
Dabei ist Stöger in Köln längst nicht mehr so beliebt, wie man das lange annehmen durfte. Pitter, der Große? Unvergessen bleiben zwar vier gute Jahre mit Aufstieg und Rückkehr in den europäischen Wettbewerb, aber die Fehlerhäufungen dieser Spielzeit haben den Verein fatal zermürbt. Und der reaktionsschnelle Wechsel des Österreichers nach Dortmund hat zusätzlich Kredit gekostet. Kaum hatte der Menschenfänger Stöger Köln-Käppi und rot-weiße Brille zur Seite gelegt, lief er in Schwarz-Gelb auf. Das hat viele in Köln stärker erschüttert als die unfassbar schlechte Serie von nur drei Punkten aus 14 Bundesliga-Spielen in der Hinrunde. „Ich hätte das auch nicht für möglich gehalten, aber letztlich muss das jeder mit sich ausmachen“, sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Das Verhältnis vom Vorstand zu Stöger ist erkaltet.
Hinter vorgehaltener Hand spricht man heute beim FC von einer Kölner Mannschaft, die unter Stöger nicht im Ansatz austrainiert war. Und es gehört zu den Reiz steigernden Momenten, dass FC-Geschäftsführer Veh das zur Sprache bringt. „Das war alles gut. Das letzte Halbjahr aber eben nicht. Dieses halbe Jahr wird — wenn wir absteigen — der Grund dafür sein.“ Veh nennt das „Fakten“, kein Nachtreten. Und er hält das für angemessene Unterstützung für Ruthenbeck, der als Stöger-Gegenentwurf lauter ist, neu denkt, offensiver spielen lässt als der Ex-Trainer. Zur Wahrheit gehört aber: Ruthenbeck bleibt nichts anderes übrig. Er musste zum Endspiel-Trainer mutieren. Köln spielt jetzt fast immer Alles-oder-Nichts. Stögers durchaus gepflegte stoische Art passte lange glänzend zum notorisch aufgeregten FC, weil sie Halt gab. Aber als es eine Änderung brauchte, weil sich Team und Umstände entwickelt hatten, kam Stöger aus seiner Rolle nicht mehr heraus. Günstig, dass Stöger in Dortmund zwar in neue Klamotten, nicht aber in eine andere Rolle wechseln musste. Die Stimmung dort ist ähnlich aufgeregt wie jahrelang in Köln. Seither versucht Stöger eine Basis zu finden, auf der er das Ziel Champions-League-Teilnahme bis zum Sommer realisieren kann. Drei Millionen Euro soll Stöger dafür kassieren, was ein akzeptabler Grund dafür war, so schnell und für sechs Monate wieder einzusteigen. Mit kleiner Chance auf Weiterbeschäftigung beim Weltverein. Wenngleich die klein ist. Aus seiner Emotionalität macht Stöger kein Geheimnis: „Natürlich ist das alles andere als ein normales Spiel für mich.“ Und unbehaglich ist ihm auch. „Ich weiß selbst nicht genau, wie ich mit der Situation umgehen werde.“ Prognose: Es spricht einiges für bemühte Sachlichkeit.