Keine Entscheidung bei Draxler „Chaos-Club“ VfL: Ismaël unter Druck und genervt
Wolfsburg (dpa) - Vor der scheinbar unlösbaren Aufgabe Bayern München am Samstag sind die Problemfelder beim VfL Wolfsburg kaum noch zu überblicken. „Leichtere Aufgaben gibt es sicherlich. Aber das ist auch eine große Herausforderung“, sagte Trainer Valérien Ismaël.
Ansonsten ist der Ex-Profi bereits vor dem siebten Spiel als Wolfsburger Chefcoach reichlich genervt. Auf die Diskussion über eine endgültige Verbannung seines Lustlos-Profis Julian Draxler hat der 41-Jährige schon keine Lust mehr. Seine sportlich maue Bilanz von nur einem Sieg aus sechs Spielen bezeichnete er „als Ergebniskrise“ und angesichts von Berichten über seine möglicherweise bereits schnelle Ablösung rollte Ismaël nur mit den Augen.
„Ich lese keine Zeitung, das interessiert mich nicht. Ich spüre das Vertrauen der Mannschaft. Das ist das, was zählt“, sagte Ismaël. Laut „Wolfsburger Allgemeiner Zeitung“ sondiert der VfL bereits wieder den Trainermarkt. Im Fokus sollen demnach unter anderem Bruno Labbadia und der frühere Dortmunder Profi Paulo Sousa stehen. Spekuliert wird, ob das Spiel am Samstag schon wieder Ismaëls Abschiedsvorstellung als vorübergehender VfL-Coach wird. Ismaël gab sich vor dem Wiedersehen mit seinem Ex-Club, mit dem er 2006 als Spieler das Double holte, kämpferisch: „Wir werden aus dieser Situation herauskommen.“
Dabei spricht vieles gegen den VfL. „Auf dem Weg zum Chaos-Club“, titelte die „Wolfsburger Allgemeine Zeitung“ unlängst. Besonders knifflig ist das Problem Draxler. Nach zuletzt schwachen Leistungen hatte Ismaël den Weltmeister beim 2:3 gegen Hertha BSC nur auf die Bank gesetzt. Bei seiner Einwechslung war Draxler dann von eigenen Fans ausgepfiffen worden und hatte anschließend seinen bereits im Sommer geäußerten Wechselwunsch erneuert. Wolfsburger Zeitungen spekulierten daher, Draxler würde nie wieder für den VfL spielen.
„Ich möchte auf die Diskussion nicht eingehen. Es geht um den Verein, der steht über allem“, sagte Ismaël am Donnerstag auf Fragen zu dem Thema. Dass dies nach wie vor mit das drängendste beim VfL scheint, liegt freilich auch daran, dass Ismaël eine Entscheidung bislang scheut. „Ich lasse alles offen und werde meine Entscheidung nach dem Abschlusstraining treffen“, sagte der VfL-Coach, bescheinigte dem hoch veranlagten Draxler aber immerhin, „gut trainiert“ zu haben.
Sollte Ismaël am Ende womöglich gar über die Personalie stolpern und als zweiter VfL-Coach nach Dieter Hecking in dieser Saison vorzeitig gehen müssen, wäre auch Sportchef Klaus Allofs mehr als ohnehin schon beschädigt. Als offenes Geheimnis gilt, dass sich der von Volkswagen dominierte VfL-Aufsichtsrat bereits im Sommer von Hecking trennen wollte. Allofs hielt am Trainer des Jahres 2015 fest, warf ihn aber wenig später nach dem miesen Saisonstart doch raus. Der vorherige Trainer des VfL-Regionalligateams Ismaël wurde zunächst als Interims- und relativ schnell als neuer Chefcoach installiert. Womöglich zu schnell, heißt es bereits. Mehrere Medien fragten zuletzt: „Was hat der Trainerwechsel eigentlich gebracht?“
Spätestens seit der Vorwoche ist Allofs' Position geschwächt. Manager aus der VW-Führung schossen unabhängig voneinander in Gesprächen mit der Deutschen Presse-Agentur gegen den Sportchef. Der VfL-Aufsichtsrat stärkte ihm rund 30 Stunden später nur halbherzig den Rücken und ließ verbreiten: „Was den sportlichen Bereich angeht, sind wir überzeugt, dass Klaus Allofs als Verantwortlicher die richtigen Weichen stellen wird.“ Ein erneuter Trainerwechsel käme allerdings Allofs' Scheitern gleich.
Der „Kicker“ brachte am Donnerstag bereits den früheren Schalker Manager Horst Heldt als Nachfolger ins Gespräch. Allofs selbst gab sich am Donnerstag einsilbig. Auf die Frage, warum der bislang in München noch sieglose VfL diesmal erfolgreich sein könnte, blaffte Allofs nur: „Die Tatsache, dass alles gegen uns spricht.“