Der HSV im Irrgarten - Transferpolitik missraten
Hamburg (dpa) - Die Ineffizienz beim Hamburger SV ist erschreckend. Millionensummen für neue Spieler wurden investiert, doch am Ende steht der hanseatische Fußball-Bundesligist nur einen Fußbreit entfernt vom ersten Absturz in die Zweitklassigkeit.
So wundert es nicht, dass schon jetzt vom teuersten Absteiger der Liga-Geschichte die Rede ist, wenn der Verein im Saisonfinale am Samstag gegen den FC Schalke 04 nicht doch noch vom vorletzten Platz der Tabelle springt.
Dabei wollte der Traditionsclub gerade in dieser Spielzeit mit neuer Struktur als Aktiengesellschaft und neuen Verantwortungsträgern herausfinden aus dem Irrgarten der Vorjahre. Weg von Misswirtschaft und Trainerkarussell, hin zu konzeptioneller Ausrichtung und Nachhaltigkeit. Wirtschaftlich wurde einiges auf den Weg gebracht, sportlich fällt die Ausbeute hingegen geringer denn je aus.
Allein die Transfers gingen kräftig daneben. Rund 33 Millionen Euro hat der Verein für neue Spieler ausgegeben. Der Ertrag ist äußerst dürftig. Allein die Verpflichtung von Stürmer Pierre-Michel Lasogga für 8,5 Millionen Euro, der in der für ihn mit 14 Toren erfolgreichen Vorsaison nur ausgeliehen war, schlägt in der aktuellen Spielzeit negativ ins Kontor. Mit bisher lediglich vier Toren und nicht einer Torvorlage blieb der verletzungsanfällige 23-Jährige deutlich unter seinem Wert.
Auch die anderen Neuen blieben hinter den Erwartungen zurück, produzierten Fehler zuhauf und konnten das in der vergangenen Saison konfuse Spiel des HSV in keiner Weise modernisieren oder effektivieren. Das betrifft Nicolai Müller (Mainz 05/4,5 Millionen Euro), Lewis Holtby (Tottenham Hotspur/6,5 Mio.), Valon Behrami (SSC Neapel/3,5 Mio.), Cléber Reis (Corinthians Sao Paolo/3 Mio.), Matthias Ostrzolek (FC Augsburg/2,75 Mio.), Ivica Olic (VfL Wolfsburg/1,5 Mio.) und Johan Djourou (FC Arsenal/2,80 Mio.).
Über den im Winter engagierten Chilenen Marcelo Diaz (FC Basel/2 Mio.) ist bei nur fünf Einsätzen kein Urteil möglich. Zoltan Stieber (Greuther Fürth/1,3 Mio.), den der alte Vorstand unter Ex-Präsident Carl Jarchow noch verpflichtet hatte und den die neue Führung unter Dietmar Beiersdorfer eigentlich gar nicht wollte, ist mit drei Toren und drei Vorlagen in der Scorerliste bester Hamburger. Ausgerechnet der günstigste Einkauf! „Ich kann nicht jedes Jahr die gleichen Fehler machen“, monierte Idol Uwe Seeler.
Der Kader der Hamburger verschlingt im laufenden Spieljahr 52 Millionen Euro an Gehältern. Geplant war eigentlich zu Saisonbeginn, den Posten auf 39 Millionen Euro zu senken. Abfindungen für den entlassenen Trainer Mirko Slomka und sein dreiköpfiges Team sowie für Sportchef Oliver Kreuzer trieben die Kosten weiter in die Höhe. Summa summarum gibt der HSV so viel aus wie nie - und steht am Abgrund.
Warum die Neuen in ihren früheren Vereinen starke Leistungen am Fließband ablieferten, sich beim HSV jedoch auf dem Feld verstecken, kaum Impulse geben oder das Fußballspielen verlernt zu haben scheinen, kann niemand so recht erklären. Da ist es auch gleichgültig, wer als Trainer in der Verantwortung steht. Am tiefgreifenden Umbruch führt kein Weg vorbei - egal, in welcher Liga.