Dreifach-Knipser Kruse sorgt für VfL-Entspannung
Wolfsburg (dpa) - Max Kruse hat als Fußballer eine ziemlich perfekte Woche hinter sich. Nach vier eminent wichtigen Toren binnen sechs Tagen und dem ersten Dreierpack seiner Karriere kam der 27 Jahre Stürmer des VfL Wolfsburg aus dem Strahlen nicht mehr heraus.
„Da ich noch nie drei Tore geschossen habe, ist das für mich nicht normal“, begründete Kruse nach seinen drei Toren (1./62./83. Minute) zum 4:2 (2:1) gegen Hoffenheim sein Dauergrinsen.
Der frühere Gladbacher ist in diesen Tagen sportlich gesehen der öffentlich gefragteste Fußballer Deutschlands. Erst schoss Kruse die Nationalelf mit seinem 2:1-Siegtreffer gegen Georgien zur EM nach Frankreich und sechs Tage später seinen Club rechtzeitig vor dem wichtigen Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Eindhoven aus der sportlichen Krise. „Das war heute extrem wichtig“, sagte Kruse.
Damit nicht genug; die lähmende Unsicherheit der vergangenen Wochen in Wolfsburg angesichts des gigantischen Abgas-Skandals beim Hauptarbeitgeber der Stadt, dem VfL-Mutterkonzern Volkswagen, geriet am Samstag für kurze Zeit in den Hintergrund. „Wenn wir den Werksarbeitern heute ein kleines Zeichen geben konnten, Entspannung bieten konnten, ein bisschen Unterhaltung bieten konnten, dann haben sie eine gute Ablenkung gehabt“, meinte VfL-Coach Dieter Hecking.
Es war, als habe Kruse mit seinen drei Toren alle Zweifel fürs Erste weggezaubert. Zweifel an der Qualität des VfL nach dem Weggang von Deutschlands Fußballer des Jahres, Kevin De Bruyne, an der sportlichen Zukunft des Vizemeisters angesichts möglicher geringerer finanzieller Zuwendung des wankenden Mutterkonzerns und an Kruses Qualität als Stürmer. „Das wird ihm Auftrieb geben für die nächsten Wochen“, meinte Hecking, der Fußball-Deutschlands aktuellen Liebling nach dessen Rückkehr von der Nationalelf deutlich offensiver als quasi zweite Spitze neben Bas Dost agieren ließ.
Für 15 Millionen Euro und mit hohen Erwartungen an ihn war Kruse im Sommer aus Mönchengladbach gekommen. In der Bundesliga getroffen hatte er bis Samstag aber noch nicht. „Er wartet lange auf sein erstes Tor und macht dann drei - super“, urteilte Torjäger Dost, der das 2:0 (7.) beisteuerte. „Da habe ich gedacht: 'Heute ist mein Tag.' Aber es war Max' Tag“, meinte der Niederländer.
Für den VfL war dies in vielerlei Hinsicht Gold wert. Einerseits ist die Krise nach zuvor vier sieglosen Pflichtspiel vorbei und der Vizemeister hat mit 15 Punkten nach neun Spieltagen wieder Kontakt zu den Champions-League-Plätzen. Von dem Ziel der erneuten Qualifikation für die europäische Königsklasse war VfL-Manager Klaus Allofs auch in den sieglosen Wochen nicht abgerückt. „Weil ich weiß, dass wir am Ende ja sowieso oben stehen“, sagte Allofs in einem Tonfall, der leicht als Arroganz ausgelegt werden könnte, den der Wolfsburger Manager selbst aber als „Realismus“ bezeichnete.
„Solche Rückschläge wird es immer wieder geben, aber ich glaube, dass sich auf 34 Spiele die Qualität unserer Mannschaft immer durchsetzt“, meinte Allofs wohlwissend, dass diese Qualität, unter anderem jene von Kruse und die vom gegen Hoffenheim ebenfalls überragenden Julian Draxler, für viel Geld (zusammen 50 Millionen Euro) eingekauft wurde.
Geld, das VfL-Eigner VW in den vergangenen Jahren bereitwillig in das Lieblingsspielzeug des bisherigen Konzernchefs Martin Winterkorn pumpte. Ob das auch unter Winterkorns Nachfolger Matthias Müller so bleibt, ist noch unklar. Müller war am Samstag nicht wie sein Vorgänger sonst immer auf der Tribüne anwesend. Dafür hatte VW-Vorstandsmitglied Francisco Javier Garcia Sanz in seinem Amt als Aufsichtsratschef des VfL am Freitag beim Abschlusstraining den Profis noch einmal Mut zugesprochen. Ein Zeichen dafür, wie groß die Verunsicherung angesichts der VW-Krise in den vergangenen Tagen war. Doch dank Kruse war die am Samstag erstmal kein Thema mehr.