Eklat in Leverkusen Eklat mit Nachspiel: Schmidt und Völler drohen Strafen
Leverkusen (dpa) - Roger Schmidt und Rudi Völler sind zu Fällen für die DFB-Justiz geworden. Nach der bislang in der Bundesliga-Historie einzigartigen Spielunterbrechung beim 0:1 im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund wird ein schnelles Urteil des Kontrollausschusses noch in dieser Woche erwartet.
Vor allem die Weigerung des Fußball-Lehrers Schmidt, den Anweisungen des Schiedsrichters Folge zu leisten und den Innenraum zu verlassen, sorgte für Empörung. „Es wird sicher eine Sanktion geben. Aber welche, das kann ich noch nicht sagen“, sagte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, am Montag bereits vor Schmidts Stellungnahme dem Portal „Sport1.de“.
Neben Schmidt wird auch gegen Völler ermittelt. Wie der Coach soll der Weltmeister von 1990 eine Stellungnahme abgeben. Herbert Fandel, Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses, zeigte sich auch am Tag nach dem Eklat fassungslos: „Ich bin nach wie vor sprachlos. Wir haben gestern den Tiefpunkt einer leider erheblich negativen Entwicklung erlebt, die mich sehr nachdenklich stimmt.“
Mit deutlichen Worten forderte Fandel Trainer und Spieler zu einem Umdenken auf. „Es ist respektloser geworden, in einer Art und Weise, die nicht länger akzeptabel ist. Es müssen Verhaltensänderungen her, dringend“, sagte er in einem Interview auf „dfb.de“. „Seit Beginn der aktuellen Spielzeit befinden wir uns sichtlich in einer Negativspirale. Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf besinnen, welche Vorbildfunktion alle Akteure im Profibereich haben.“
Prognosen über ein mögliches Strafmaß für Schmidt sind mangels Präzedenzfall spekulativ. Die DFB-Ausbildungsordnung sieht für solche Fälle Strafen von Verwarnungen über Geldstrafen bis hin zum befristeten „Verbot zur Ausübung der Trainertätigkeit (Sperre) bis zur Höchstdauer von zwei Jahren“ vor. Mit einer Entscheidung ist laut Nachreiner bereits am „Dienstagnachmittag oder am Mittwoch“ zu rechnen.
Erst am Tag nach dem Eklat waren die Leverkusener bemüht, die Wogen zu glätten. „Ich werde mich zu diesem Thema nicht äußern. Es ist dazu viel gesagt - Qualifiziertes und Unqualifiziertes“, sagte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade der Deutschen Presse-Agentur. „Warten wir ab, was passiert. Es nützt doch nichts, Öl ins Feuer zu gießen.“ Er habe mit Trainer Schmidt besprochen, das Geschehen öffentlich nicht weiter zu kommentieren: „Wenn es etwas gibt vom DFB, werden wir uns äußern.“
Am Abend zuvor ging es weniger diplomatisch zu. So dürfte der nur bedingt reumütige Auftritt von Schmidt rund eine Stunde nach dem Spiel kaum dazu beigetragen haben, die DFB-Juristen zu besänftigen. Zwar räumte er ein, seiner „Vorbildfunktion als Trainer nicht gerecht geworden“ zu sein und sich „zu stur“ verhalten zu haben, erneuerte aber seine Kritik an Schiedsrichter Felix Zwayer.
Der Coach stellte indirekt einen Zusammenhang her zwischen der fast zehnminütigen Spielunterbrechung und einer Fehlentscheidung von Zwayer wenige Minuten nach Wiederanpfiff der Partie bei einem Handspiel des Dortmunder Sokratis im Strafraum. „Dass der Schiedsrichter bei freier Sicht diesen Elfmeter nicht pfeift, vielleicht auch, weil ich vorher zu emotional war. Ich hoffe nicht, dass es so war, aber mir fällt keine andere Erklärung dazu ein.“ Zwayer gab nach Spielende zu, in diesem Fall falsch gelegen zu haben.
Auch der Wutausbruch von Völler beim TV-Sender Sky, der schon kurze Zeit später im Internet zu einem echten Klick-Hit wurde, verbesserte die Leverkusener Verhandlungsposition eher nicht. „Das war ein tausendprozentiger Strafstoß“, klagte der Leverkusener Sportdirektor. Das Fehlverhalten von Schmidt wertete er hingegen weniger kritisch: „Warum muss sich der Schiri so aufpumpen? So eine Nummer daraus zu machen, die Spieler müssen reingehen, als wäre hier was Furchtbares passiert - das ist übertrieben.“
Völler sieht die Leverkusener in der Opferrolle: „Ich weiß, die Schiedsrichter werden sich wieder alle gegenseitig in Schutz nehmen. Jeder wird sagen, unser Trainer hätte vom Platz gehen müssen.“ Auf Fragen nach den nun drohenden Konsequenzen reagierte der Sportdirektor gar sarkastisch: „Ich weiß nicht, ob der Herr Zwayer nun gesperrt wird. Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Als Konsequenz aus den Vorfällen appellierte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge erneut an die Verbände, den Videobeweis einzuführen. „Was wir dringend brauchen, ist der Videobeweis. Mit dem hätte es gestern in Leverkusen keine größere Aufregung gegeben“, sagte der Vorstandsvorsitzende des deutschen Fußball-Rekordmeisters vor dem Abflug des Teams zum Champions-League-Spiel nach Turin.
Das Regelwerk leistet den Leverkusenern keine Argumentationshilfe. Dass der zum BVB-Siegtreffer führende Freistoß knapp sechs Meter vom Tatort entfernt ausgeführt wurde, liegt im Ermessensspielraum des Schiedsrichters. In dieser Hinsicht schlug sich auch Felix Magath auf die Seite des Referees. „Felix Zwayer gebührt ein großes Lob“, schrieb der erfahrene Trainer in einer „Express“-Kolumne, „es war vorbildlich, wie er beim Foulspiel durch Stefan Kießling den schnell ausgeführten Freistoß der Dortmunder zugelassen hat - auch wenn dieser 5,8 Meter vom Tatort entfernt war.“ Durch das schnelle Ausführen müsse „die gefoulte Mannschaft bevorteilt werden“.
Darüber hinaus ist der Referee nicht verpflichtet, dem Trainer die Gründe für den Tribünenverweis persönlich zu erläutern. Fandel stärkte Zwayer demonstrativ den Rücken: „Er hat in der Situation nach dem Dortmunder Treffer regeltechnisch richtig entschieden. Es kann nicht sein, dass der Trainer eine Entscheidung ignoriert und eine persönliche Erklärung des Unparteiischen durch sein Verhalten erzwingen will.“