Nachfolger gesucht Ende des Ränkespiels: BVB trennt sich von Coach Tuchel

Dortmund (dpa) - Erst zwei Stunden war Thomas Tuchel offiziell Mitglied der Twitter-Gemeinde, da setzte er schon seinen ersten Knaller-Tweet ab.

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„Ich bin dankbar für zwei schöne, ereignisreiche und aufregende Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht“, schrieb der Fußball-Trainer bei dem Kurznachrichtendienst und kam seinem bis dato Arbeitgeber zuvor. Borussia Dortmund zog wenig später mit einer 188 Wörter langen Pressemitteilung nach: Die Trainersuche beim Bundesligisten, der in der kommenden Saison auch dank Tuchel Champions League spielt, ist damit eröffnet.

Nur drei Tage nach dem Pokalsieg in Berlin erklärte der BVB die Zusammenarbeit mit dem Fußball-Lehrer für beendet. „Wir bedanken uns bei Thomas Tuchel und seinem Trainerstab für die sportlich erfolgreiche Arbeit beim BVB, die am vergangenen Samstag im DFB-Pokalsieg in Berlin gegen Eintracht Frankfurt ihren verdienten Höhepunkt fand“, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung des Clubs. „Für seine berufliche Zukunft wünschen wir Thomas Tuchel nur das Allerbeste.“

Zu einem Nachfolger, der schnell gefunden werden muss, wollte sich der BVB nicht äußern. Ob der seit einiger Zeit gehandelte Lucien Favre wirklich erster Anwärter ist, bleibt offen. Der Schweizer steht bei OGC Nizza noch bis zum 30. Juni 2019 unter Vertrag. In Südfrankreich ist zu hören, dass es derzeit keine Sorge gebe, dass Favre den Club verlässt.

Für den ehemaligen Mönchengladbacher Trainer dürfte im Fall der Fälle eine Ablösesumme in Millionenhöhe fällig werden. Ein weiterer Kandidat könnte der frühere BVB-Spieler Paulo Sousa sein. Der portugiesische Trainer des AC Florenz gewann 1997 mit den Dortmundern als Spieler die Champions League und genießt im Revier noch große Anerkennung.

Obwohl der 43 Jahre alte Tuchel mit der direkten Qualifikation für die Champions League und dem Pokalsieg erfolgreiche Arbeit leistete, kann er seinen bis 2018 datierten Vertrag nicht erfüllen. „Wir haben in der gegenwärtigen personellen Konstellation leider keine Grundlage mehr für eine auf Vertrauen ausgelegte und perspektivisch erfolgreiche Zusammenarbeit gesehen“, erklärte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in einem über die Vereinsmedien veröffentlichen „Offenen Brief“.

In dem an die Fans und Mitglieder des Clubs gerichteten Schreiben führte Watzke weiter aus: „Es geht bei der Wahrnehmung von Führungsverantwortung, und da unterscheidet sich Borussia Dortmund letztlich keineswegs von jedem anderen Sportverein oder Unternehmen, nicht ausschließlich um das Ergebnis. Es geht immer auch um grundlegende Werte wie Vertrauen, Respekt, Team- und Kommunikationsfähigkeit, um Authentizität und Identifikation. Es geht um Verlässlichkeit und Loyalität.“

Damit geht ein langer Streit zu Ende, der das Vereinsklima zunehmend belastet hatte. Zuletzt gab es unterschiedliche Auffassung zwischen Trainer und BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bei der Frage, ob die Champions-League-Partie gegen Monaco nur einen Tag nach dem Sprengstoffanschlag auf den Teambus hätte ausgetragen werden dürfen. Das angespannte Verhältnis von Tuchel zu Spielern soll den Ausschlag für die Trennung gegeben haben.

Der Club hingegen betonte in seiner Erklärung, dass er großen Wert auf die Feststellung lege, dass es sich bei der Ursache der Trennung keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handele. „Das Wohl des Vereins Borussia Dortmund, den viel mehr als nur der sportliche Erfolg ausmacht, wird grundsätzlich immer wichtiger sein als Einzelpersonen und mögliche Differenzen zwischen diesen“, hieß es in der Erklärung.

Die Misstöne ließ auch der ersehnte Gewinn des DFB-Pokals mit dem 2:1 am vergangenen Sonntag im Finale gegen Eintracht Frankfurt nicht verstummen. Vielmehr legte BVB-Kapitän Marcel Schmelzer gegen Tuchel nach wegen der Ausbootung von Nuri Sahin, der in Berlin trotz der Verletzung seines Mittelfeldkollegen Julian Weigl nicht mal im Kader stand: „Ich war geschockt. Nuri ist ein toller Fußballer, ein toller Mensch. Wir stehen hinter ihm.“

Berichte über angebliche Kritik an seiner Arbeit von namentlich nicht genannten BVB-Profis bezeichnete Tuchel als „Teil einer Kampagne“. „Es wurde berichtet, ich hätte in der Kabine die Vertrauensfrage gestellt. Das ist einfach nicht wahr“, erklärte Tuchel nach dem Pokalfinale. In einem weiteren Tweet, den Tuchel am Dienstag nach der vollzogenen Trennung absetzte, schrieb er: „Danke an die Fans, an die Mannschaft, an den Staff und an alle, die uns unterstützt haben. Wünsche dem BVB alles Gute.“

Die Aktien von Borussia Dortmund haben am Dienstag kaum auf den Abschied von Trainer Thomas Tuchel reagiert. Zuletzt notierten die schon vorher schwächelnden Titel von Deutschlands einzigem börsennotierten Fußballverein 0,72 Prozent im Minus bei 6,095 Euro. Für die Anleger war die Nachricht Experten zufolge keine große Überraschung.