FCB spielt „für Uli“ und beschert Hoeneß Atempause

Barcelona (dpa) - Das Team lässt Uli Hoeneß nicht im Stich. Auch in Barcelona durfte der Präsident beim triumphalen Final-Einzug für ein paar Stunden die Steuersünde verdrängen, die ihm derzeit das Leben zur „Hölle“ macht.

Die große Frage: Was passiert in der nächsten Aufsichtsratssitzung?

Beim feierlichen Bankett nippte auch Hoeneß an seinem Rotwein-Glas. Auf einer großen Leinwand umrahmt von zwei überdimensionalen Vereinswappen wurden nach dem triumphalen 3:0-Erfolg des FC Bayern die Tore der Münchner in dieser Königsklassen-Saison gezeigt. Hoeneß blickte hin und wieder auf, doch die präsidiale Freude stellte sich trotz des Stolzes über den furiosen Final-Einzug nur begrenzt ein. Zu groß ist die Belastung in der Steuer-Causa, die er als „völligen Ausnahmezustand“ und „schlimmste Zeit meines Lebens“ beschreibt.

Ungewöhnlich früh, schon um 1.15 Uhr, verließ der 61-Jährige die traditionelle nächtliche Zusammenkunft. Stunden zuvor waren Hoeneß-Aussagen aus einem Interview der „Zeit“ publik geworden, in dem er sein angegriffenes Seelenleben darstellte und auch einen Rücktritt nicht mehr gänzlich ausschloss.

Die eindrucksvollen 90 Minuten von Camp Nou, die Hoeneß ohne seinen traditionellen rot-weißen Schal um den Hals verfolgte, kamen zum Verdrängen ganz gelegen. „Wir haben besonders auch für Uli gespielt, denn in letzter Zeit hat er Unwahrscheinliches ertragen müssen. Ich finde, das ist etwas, was ein Mensch gar nicht aushalten kann. Ich bin sowieso an der Seite von Uli. Ich habe alles getan um das Spiel zu gewinnen, auch für Uli“, hatte Trainer Jupp Heynckes seinem Freund schon am Sky-Mikro Mut zugesprochen. Beim Bankett war er einer der beiden Sitznachbarn von Hoeneß. Auf der anderen Seite flankierte Edmund Stoiber den Präsidenten.

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident zählt zu den neun Mitgliedern des Bayern-Aufsichtsrats, der am Montag tagt. In der Sitzung wird es auch um den Fall Hoeneß und die weitere Vorgehensweise gehen. Aus „heutiger Sicht“, so formulierte es Hoeneß in der „Zeit“, hält er es nicht für möglich, dass er von den Aufsichtsratskollegen zum Rücktritt gedrängt werden würde. „Aber ich kann die Entwicklung der nächsten Tage nicht voraussehen.“ Nach dpa-Informationen ist der Aufsichtsrat gespalten.

Erstmals überhaupt hat Hoeneß persönliche Konsequenzen nicht mehr ausgeschlossen. „Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Person dem Verein schadet, werde ich Konsequenzen ziehen. Andererseits steht der Verein sportlich und wirtschaftlich so gut da wie nie zuvor - und daran habe ich auch einen großen Anteil“, so der langjährige Manager. Mit Blick auf das Finale am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund gab sich „Mister Bayern“ aber auch kämpferisch: „Auf keinen Fall werde ich vor dem Finale der Champions League zurücktreten.“

Er sei „nach wie vor davon überzeugt, dass meine Selbstanzeige, in der ich reinen Tisch gemacht habe, wirksam ist“. Hoeneß betonte zudem, dass der Verein FC Bayern nicht in den Steuerfall verwickelt ist. „Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß“, sagte der Weltmeister von 1974. Weitere nicht erklärte Konten gebe es nicht, beteuerte der Vereinspatron und ließ durchblicken, wie sehr ihn das riskante Renditespiel an der Börse verführt hatte. Der Börsenspekulant sprach von „Kick“ und „purem Adrenalin“.

Wie er sich seine verschiedenen Rollen als Erfolgsmanager, sozialer Wohltäter, Moralist und Zocker erkläre? „Es gibt zwei Uli Hoeneß, eigentlich drei“, erläuterte der angeschlagene Spitzenfunktionär. „Einer ist der seriöse, konservative Geschäftsmann, beim FC Bayern, bei unserer Wurstfabrik. Der zweite Uli Hoeneß ist auch privat sehr konservativ, nur klassische Geldanlagen, wenn Aktien, dann halte ich sie mindestens drei bis zehn Jahre. Dieser Uli Hoeneß ist wie Warren Buffett, er denkt langfristig und strategisch. Und dann gibt es den dritten Uli Hoeneß ..., der dem Kick nachgejagt ist, der ins große Risiko ging. Vielleicht steckt dahinter auch die Sehnsucht, die Wirklichkeit zu vergessen, auszubrechen. Das geht an der Börse gut.“

Längst hat sich bei ihm Katerstimmung eingestellt - und ein Ende der Causa ist nicht in Sicht. Seit dem 20. April steht Hoeneß durch das Bekanntwerden seiner Selbstanzeige am Pranger. Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich schon früh enttäuscht von Hoeneß, Bundespräsident Joachim Gauck ließ harte Worte folgen. „Wer Steuern hinterzieht, verhält sich verantwortungslos oder gar asozial“, sagte das Staatsoberhaupt dem „Stern“. Diese Worte tun weh. „Und leider gibt es nur einen, der wirklich schuld ist an dieser Situation, ich selbst“, meinte Hoeneß.

Die politische Debatte um das Thema Steuerbetrug ist längst auch zum Wahlkampfschlager geworden. „Da muss jeder abwägen, was er glaubt, tun zu müssen. Ich akzeptiere das“, sagte Hoeneß zur teils harschen Kritik an seinem Fehlverhalten quer durch die Parteien. Der Kanzlerin aber will Hoeneß nicht die Gefolgschaft kündigen: „Ich war und ich bin ein Fan von Frau Merkel“