Freiburger Höhenflug: Ein wirklich guter Streich
Mit dem SC Freiburg ist der Trainer auf dem besten Weg in die Europa League.
Düsseldorf. Als es klingelte, verlor er für einen Moment die Fassung. Sein Blick drückte Ungläubigkeit aus. Christian Streich unterbrach die Pressekonferenz in den Katakomben des Freiburger Stadions.
Nach dem 0:0 gegen Eintracht Frankfurt hatte ein Journalist direkt vor dem ausführenden Herrn Streich zu telefonieren begonnen. „Entschuldigung! Telefonieren Sie jetzt? Das ist ein bisschen komisch. Man kann ja nicht telefonieren, wenn jetzt Pressekonferenz ist“, sagte Streich in seiner ihm eigenen Diktion.
Lust auf eine Spielanalyse hatte der Trainer des SC Freiburg dann nicht mehr, Fragen beantwortete er trotzdem. Denn Höflichkeit und Respekt — das ließ sich an seinem Entsetzen ganz gut erkennen — sind dem Trainer Streich ein hohes Gut.
Mehr als Höflichkeit wird dem Trainer Streich in Freiburg entgegen gebracht. Es geht um Euphorie. Seit der 47-Jährige den Job vom glücklosen Ex-Trainer Marcus Sorg übernommen hat, ist aus einem Abstiegskandidaten ein Aspirant auf die Europa-League-Teilnahme geworden. Auf Platz 17 hatte er Freiburg im Winter der vergangenen Saison übernommen, inzwischen ist die Überraschungsmannschaft der Saison Fünfter.
Aber auch im Erfolg ist Platz für Probleme: Das Spielfeld im Freiburger Stadion ist mit 100,5 Meter genau 4,5 Meter zu kurz. Und ab der Gruppenphase in der Europa League ist eine Spielfeldlänge von 105 Metern (bei 69 Metern Breite) vorgeschrieben.
Freiburg also muss sich etwas überlegen, sollte Streich die Seinen tatsächlich in das internationale Geschäft führen. 1993 war der Verein erstmalig in die 1. Bundesliga aufgestiegen, 1995 und 2001 gelang schon einmal die Qualifikation für den Uefa-Cup. Damals störte sich noch niemand an dem zu kurz geratenen Rasen.
Was Streich in Freiburg leistet, ist beeindruckend. Der Ex-Profi, der einst für den SC Homburg zu zehn Einsätzen in der ersten Liga kam, hat inzwischen zehn im Verein ausgebildete Spieler in den Erstliga-Kader integriert. Fast alle hat Streich in der Jugendarbeit selbst ausgebildet. Einer wie er ist ein echtes Pfand im Kampf gegen die Reichen der Liga. 18 Millionen Euro umfasst der Freiburger Etat, davon — so hat der „Spiegel“ unlängst errechnet — bezahlt Liga-Konkurrent Wolfsburg drei Spieler.
„Er ist der beste Fußballausbilder in Deutschland“, sagt der Mainzer Trainer Thomas Tuchel über Streich. Wie der arbeitet, wurde beim 0:0 gegen Frankfurt deutlich, als eine taktische Ausrichtung des Gegners die Freiburger Spieler verwirrte. Streich ruderte mit den Armen, besprach sich mit Führungsspielern, stellte um. Und sah eine Entwicklung im Spiel seiner Mannschaft. „Deswegen bin ich auch nicht zu enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben.“