Geplatzter Wszolek-Transfer: Vorwürfe gegen 96

Hannover (dpa) - Jörg Schmadtke gilt in der Branche als gewiefter Fußball-Manager - doch am Mittwoch musste er eine böse Überraschung verkraften.

„So etwa habe ich in dieser Form noch nicht erlebt“, sagte der Sportdirektor zu dem geplatzten Transfer des polnischen Fußball-Nationalspielers Pawel Wszolek und dem unangenehmen Nachspiel.

Die Geschichte ist in der Tat außergewöhnlich, denn nach Schmadtkes Angaben waren sich alle Seiten einig. Der 20-jährige Pole von Polonia Warschau hatte die „Anlage zum Arbeitsvertrag unterschrieben“, erklärte Schmadtke, nur die sportärztliche Untersuchung fehlte noch. Doch der junge Mittelfeldspieler weigerte sich plötzlich - so wie bereits eine Woche zuvor nach einer ersten Einigung.

Zudem erhob der Spieler nun auch noch schwere Vorwürfe. „Ich fühlte mich wie eine in den Westen verkaufte Prostituierte“, sagte der polnische Nationalspieler der Zeitung „Rzeczpospolita“. Seine Meinung habe bei dem angestrebten Transfer zu 96 keine Rolle gespielt. Gemeint ist allerdings nihct Hannover, sondern sein eigener Berater und das Management von Polonia Warschau.

Er sei bereit gewesen, nach Hannover zu fliegen und über den Vertrag zu sprechen, betonte Wszolek in dem Interview: „Nur gab es da nichts mehr zu verhandeln, es war alles geregelt, und ich sollte nur unterschreiben.“

Hannover zog nun die Reißleine. „Wir wollen den Spieler nicht mehr“, sagte Schmadtke am Mittwoch und kündigte an: „Wir übergeben die Sache an einen Anwalt.“ 96 will rechtliche Schritte überprüfen lassen und erwägt, die UEFA einzuschalten.

„Das Verhalten ist nicht seriös und akzeptabel“, klagte Schmadtke, der nach dem ersten gescheiterten Versuch am Wochenende nach Polen gereist war und dort mit dem Spieler verhandelt hatte. Er hatte dafür vorzeitig das Trainingslager in Portugal verlassen und Fitnesstrainer Edward Kowlczuk als Dolmetscher mitgenommen. Wszolek hat dabei laut Schmadtke erklärt, dass er sich von seinem Berater nicht richtig informiert gefühlt habe. Anschließend habe es die Einigung mit dem Spieler und mit Polonia gegeben.

Als Schmadtke drei Tage später aus Polen Signale erhielt, dass es erneut Probleme gebe und Wszolek nicht zur Untersuchung kommen wolle, war der Spieler für den 96-Sportdirektor „telefonisch nicht mehr erreichbar“. Am Mittwoch entschloss sich der Bundesligist, das Transfer-Theater zu beenden.

Die Planungen von Hannover sind damit empfindlich gestört worden, denn Wszolek sollte möglichst schnell im rechten Mittelfeld den verletzten Lars Stindl ersetzen. „Es ist schade, dass wir ein großes Talent nicht verpflichten konnten“, kommentierte Trainer Mirko Slomka.

„Wir sind jetzt nicht hektisch“, kommentierte Schmadtke: „Wir haben drei neue Spieler geholt.“ Vereinbarungsgemäß gekommen sind André Hoffmann (19) vom MSV Duisburg, Franca (21) von brasilianischen Erstligisten Curitiba FC und der ausgeliehene Johan Djourou (25) vom FC Arsenal. Zu weiteren Transfers sagte Schmadtke: „Wenn wir einen Spieler finden, der die Attraktivität hat und finanziell passt, werden wir aktiv werden.“

Nicht mehr interessiert ist Schmadtke an Wszolek, der nicht Hannover 96, aber seine Landsleute kritisierte. „Manager Jaroslaw Kolakowski, dem ich vertraut habe, hat mich verraten“, klagte der junge Mann: „Wem kann ich jetzt noch trauen? Wenn ich von Polonia weggehe, dann ruhig, ohne Eile, damit ich keinen Fehler mache.“