Hannover schmeißt Slomka raus - Breitenreiter sagt ab

Hannover (dpa) - Die vermeintliche Traumehe zwischen Hannover 96 und seinem einstigen Erfolgscoach Mirko Slomka ist vorbei. Einen Tag nach Weihnachten vollzog der Fußball-Bundesligist die Trennung. Die Nachricht erreichte Slomka an dessen Urlaubdomizil Abu Dhabi.

„Das ist natürlich eine unangenehme Situation. Das Gespräch verlief aber sachlich und professionell“, berichtete 96-Sportdirektor Dirk Dufner, der in den kommenden Tagen einen Nachfolger suchen soll. „Idealerweise geschieht das schon vor unserem Trainingsstart am 5. Januar“, sagte Dufner, der Medienspekulationen über angebliche Kandidaten wie die Zweitligatrainer Frank Kramer (Fürth) und André Breitenreiter (Paderborn) nicht kommentieren wollte. Dafür meldete sich Breitenreiter zu Wort und gab Hannover einen Korb.

Zuvor hatten Clubchef Martin Kind und Dufner mit den Gremien des Vereins stundenlang getagt. Slomka hatte noch einen bis 2016 gültigen Vertrag, der nun aufgehoben wird. Die fällige Abfindung kommt den Club nach Kinds eigener Aussage teuer zu stehen, angeblich liegt diese bei mehr als einer Million Euro. Zudem trennte sich der Club auch von Slomkas Co-Trainer Nestor El Maestro. Slomka war für eine Reaktion in Abu Dhabi nicht zu erreichen, äußerte sich aber auf seiner Homepage: „Ich danke euch allen für die grandiose Unterstützung in den letzten fast vier Jahren. Ich werde die vielen erfolgreichen Momente in guter Erinnerung behalten.“

Das Ende der Arbeitsbeziehung hatte sich angesichts einer völlig verkorksten Hinrunde schon länger angekündigt und war spätestens nach dem 1:2 beim SC Freiburg wohl unumgänglich. Clubchef Martin Kind hatte anschließend den „Zustand der Mannschaft“ als „Zumutung“ bezeichnend und Dufner öffentlich aufgefordert, ein Anforderungsprofil für einen Nachfolger zu erstellen.

Mit dem teuersten Kader der Clubgeschichte hatte es Slomka nicht geschafft, 96 wieder in den Bereich der Europapokalplätze zu führen. „Platz drei ist mutig und provokativ, aber Rang sechs ist realistisch, und den möchte ich schon gerne erreichen“, hatte Kind noch zu Saisonbeginn gesagt: „Manager und Trainer tragen das mit.“

Die Realität nach 17 Spielen sieht anders aus: Mit nur 18 Punkten haben die Niedersachsen als Tabellen-13. zehn Zähler Rückstand auf Platz sechs, der zur Teilnahme an der Europa League berechtigen würde. Auswärts holte das spielerisch zuletzt erschreckend schwache Team nicht einen einzigen Punkt. Zudem offenbarte 96 erhebliche läuferische Mängel.

Wie schwer Kind die Trennung fiel, verdeutlicht auch der Zeitpunkt der Entscheidung, die sich fast eine Woche und über Weihnachten hinzog. Unternehmer Kind, alles andere als ein Zauderer, hatte dabei wohl zum einen die finanziellen Folgen, aber auch Slomkas Verdienste um den Club im Hinterkopf. Zudem ist der gebürtige Hildesheimer in der Region stark verwurzelt und lebt seit vielen Jahren in Hannover. 2011 hatte er den Club in äußerst schwieriger Lage nach der Tragödie um Robert Enke vor dem Abstieg gerettet und danach zweimal in den Europapokal geführt. „Diese Erfolge werden immer eng mit seinem Namen verbunden sein“, sagte Kind.

Trotz der lange erfolgreichen Arbeit Slomkas gab es in der Beziehung vor allem zu Kind in den vergangenen Monaten aber auch immer wieder Irritationen. In Erinnerung blieben unter anderem die quälend langen Prozesse der zweimaligen Vertragsverlängerung des Trainers. Der Vorwurf des unverhältnismäßigen Pokerns wurde laut.

Unvergessen ist auch das schwierige Verhältnis zum Dufner-Vorgänger Jörg Schmadtke. Der frühere Sportchef und Kind-Vertraute floh vor einigen Monaten zermürbt von den Machtkämpfen mit Slomka aus Hannover und leistet inzwischen erfolgreiche Arbeit beim Zweitligisten 1. FC Köln. Ohne Schmadtke wollte es für dessen früheren Intimfeind Slomka zuletzt nicht mehr klappen.

Verhandlungen mit möglichen Nachfolge-Kandidaten hat der Club laut Dufner noch nicht geführt. Erste Sondierungsgespräche gab es aber schon. Dabei handelte sich 96 auch bereits eine Absage vom früheren Bremer Coach Thomas Schaaf ein. Kind soll nun einen jungen Trainer wie Kramer oder Breitenreiter bevorzugen. Dem 40 Jahre alten Breitenreiter, der 1992 mit Hannover 96 Pokalsieger wurde, mache „einen tollen Job“, lobte Kind zuletzt. Paderborn hat kaum Verletzte, besticht aber durch enorme Laufleistung - in Hannover war zuletzt jeweils genau das Gegenteil der Fall.

„Es ehrt mich sehr zum Kandidatenkreis als Trainer von Hannover 96 zu gehören. Es ist auch sehr reizvoll, Trainer in der 1. Bundesliga bei Hannover 96 zu sein. Der Zeitpunkt ist jedoch für mich noch nicht der Richtige!“, meinte der ehemalige Bundesliga-Profi Breitenreiter.