„Platz zwei verteidigen“ Hasenhüttl will Thema Werner „zu Grabe tragen“
Gelsenkirchen (dpa) - Nachdem sein Torjäger den Spießrutenlauf mit beeindruckender Reife gemeistert hatte, wollte Ralph Hasenhüttl endgültig einen Schlussstrich ziehen.
„Jetzt, wo auch das Rückspiel vorbei ist, ist ein guter Zeitpunkt, das Ding zu Grabe zu tragen“, sagte der Trainer von RB Leipzig nach dem 1:1 (1:0) bei Schalke 04. Das ärgerlichste Kapitel des sensationellen ersten Leipziger Bundesliga-Jahres solle man „jetzt bitte ruhen lassen“.
Zuvor hatte sich Stürmer Timo Werner wegen seiner Schwalbe im Hinspiel lautstarke Pfiffe bei jedem Ballkontakt und derbe Schmähgesänge der Schalker Fans anhören müssen. Die ebbten auch nicht ab, als er Leipzig in der 14. Minute in Führung gebracht hatte. Weitere Provokationen wollte der 21-Jährige aber auf jeden Fall vermeiden. Auf den Torjubel nach dem 17. Saisontreffer verzichtete er vorsichtshalber, Interview-Anfragen nach dem Spiel lehnte er freundlich ab.
„Das war ein sehr souveräner Auftritt“, lobte Weinzierl deshalb auch. „Das war keine leichte Situation für ihn“, berichtete Kapitän Willi Orban. „Aber er hat sich auf das Sportliche konzentriert.“ Und Diego Demme meinte anerkennend: „Timo hat sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und die passende Antwort gegeben.“
Das mit dem Tor hätte Werner, „wenn er an die Szene von damals gedacht hätte, eigentlich mal sein lassen können“, scherzte derweil Christian Heidel. Doch auch für Schalkes Manager war das Thema „längst abgehakt. Wir haben schon vorher alle gesagt, dass das Thema erledigt ist. Der Junge hat einen Fehler gemacht, aber mein Gott, wer von uns hat keinen Fehler gemacht?“ Das Verhalten der Schalker Anhänger wollte der Sportchef nicht überbewerten. „Dass so etwas aufgegriffen wird, hat jeder erwartet“, sagte er: „Dass dann nicht jedes Wort ganz jugendrein war und dass das auch nicht ganz in Ordnung ist, das wissen wir auch. Aber das gibt es in jedem Fußballstadion mal.“
Dass der Shootingstar nach seiner dreisten Schauspiel-Einlage im Hinspiel - den irregulären Elfmeter verwandelte er selbst und jubelte auch noch ausgelassen - überhaupt solange am Pranger stand, ärgerte Hasenhüttl aber immer noch: „Seitdem sind noch einige Dinge im Sechszehner passiert, nach denen ich nichts Ähnliches gehört habe.“
Werner, der sich direkt nach dem Hinspiel noch uneinsichtig gezeigt hatte, hatte schon unter der Woche versucht, die Wogen zu glätten. „Am ehesten Grund, sich über mich aufzuregen, haben noch die Schalke-Fans. Da verstehe ich den Ärger auch ein bisschen“, hatte Werner in „Dein Spiegel“ gesagt: „Ich würde es wirklich gern rückgängig machen. Weil es nicht richtig war.“
Vor Pfiffen bewahrten ihn Einsicht und Demut nicht. Doch weil er trotzdem traf, kam der Tabellenzweite Leipzig den Traum von der direkten Champions-League-Qualifikation wieder einen Punkt näher. Dass der Rückstand auf den FC Bayern trotz dessen Ausrutscher gegen Mainz (2:2) bei acht Punkten blieb, grämte Hasenhüttl dann auch gar nicht. „Der Zeitpunkt, als wir auf die Bayern geschaut haben, liegt lange zurück“, sagte er: „Wir schauen nur nach hinten. Und wir wollen den zweiten Platz mit aller Macht verteidigen.“
Der Vorsprung auf Rang vier beträgt vier Spiele vor dem Saisonende stolze sieben Zähler. Und da die beiden Verfolger Borussia Dortmund und 1899 Hoffenheim noch gegeneinander spielen, ist die direkte Champions-League-Qualifikation fast schon sicher. „Vielleicht können wir nächste Woche gegen Ingolstadt schon die entscheidende Münze einwerfen“, sagte Hasenhüttl. Heißt: die Qualifikation perfekt machen.