Neuer Trainer Hoffnungsträger Titz ruft Neustart beim HSV aus
Hamburg (dpa) - Christian Titz dirigierte und kritisierte: Gleich beim ersten Training hat der letzte Hoffnungsträger seine Rettungsmission beim Hamburger SV angetreten. Und das mit Volldampf!
110 Minuten scheuchte der bisherige U21-Coach am Dienstag die Profis des abstiegsgefährdeten Fußball-Bundesligisten über drei Plätze. Nach dem gemeinsamen Mittagsessen leitete er schon die zweite Einheit. Und trotz des beachtlichen Sieben-Punkte-Rückstands auf den Relegationsrang verbreitete er Zuversicht und rief einen „Neubeginn“ aus: „Was war, interessiert mich nicht. Es zählt nur noch das Hier und Jetzt. Der volle Fokus liegt auf dem Heimspiel am Samstag gegen Hertha BSC.“
Für die wohl letzte Chance auf die sportliche Rettung nahm Club-Ikone Uwe Seeler aber nicht den dritten Cheftrainer dieser Saison nach Markus Gisdol und Bernd Hollerbach, sondern die seit 13 Spielen sieglosen Profis in die Pflicht. „Eigentlich ist es doch egal, wer auf der Bank sitzt. Die Mannschaft muss aus den Socken kommen“, sagte der 81 Jahre alte Ehrenspielführer der DFB-Auswahl sowie ehemalige HSV-Spieler und -Präsident am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Nach den jüngsten Auftritten habe er „große Sorgen“ um den HSV, doch auch weiterhin Hoffnung auf die erneute Rettung. „Ich kann ja nichts machen, als ganz fest die Daumen zu drücken. Das werde ich tun und dabei aufpassen, dass sie nicht platt werden“, meinte Seeler. Er werde „natürlich“ wieder im Volksparkstadion sein. Dort gelang auch der letzte HSV-Sieg: am 26. November beim 3:0 gegen 1899 Hoffenheim.
Titz richtet den Fokus nur noch nach vorn. „Die Spieler haben zuletzt ordentlich einstecken müssen. Heute haben sie aber gesehen, dass hier noch eine Aufbruchstimmung möglich ist“, sagte er zum freundlichen Empfang für Profis und Trainer. „Wir haben gegen Hertha die Chance, die Situation positiv zu beeinflussen. Das müssen wir nutzen.“
Doch wer beim HSV soll denn die Tore schießen? Titz ließ immer wieder Offensivaktionen üben. Denn daran mangelt es beim HSV 2017/18: Magere 18 Punkte und nur 18 Törchen zeigen die große Problematik auf. Kein Wunder, dass Ex-HSV-Torjäger Seeler nur noch vage Hoffnungen hat.
„Sie schaffen das, Herr Titz“, riefen dessen ungeachtet einige der 150 Anhänger, als der Hollerbach-Nachfolger zur Auftakt-Einheit am Vormittag erschien. Titz ließ bei der von diversen Kamera-Teams und Medienvertretern beobachteten Einheit auch sechs HSV-Nachwuchskräfte mittrainieren, die in der Regionalliga Nord Spitzenreiter sind. Insgesamt standen 29 Feldspieler und vier Torhüter auf dem Platz.
„Jeder hat eine Chance“, betonte Titz, der den Kader auf etwa 22 Mann reduzieren will. Er deutete damit an, dass er auch vor großen Namen keinen Halt machen würde. Vorstandschef Frank Wettstein hat dem als Entwickler anerkannten, aber als Profi-Trainer noch unerfahrenen Aufsteiger freie Hand gegeben. „Sollte das Trainerteam Spieler identifizieren, die sich nicht mit ausreichendem Engagement den gemeinsamen Zielen widmen, kann er rigoros durchgreifen.“
Zudem hat Titz erfahrene Leute an seiner Seite. Für den gefeuerten Sportdirektor Jens Todt springen der frühere Hockey-Bundestrainer Bernhard Peters als starker Mann für den Bereich Sport und Ex-Profi Thomas von Heesen als Berater auf Zeit in die Bresche. Beide sollen dem Neuen bis zum erhofften Happy End einer überaus steinigen Saison den Rücken frei halten. Insgesamt bleiben Titz & Co. aber nur acht Spiele, um den ersten Abstieg der HSV-Vereinsgeschichte abzuwenden.