HSV-Aufsichtsratschef Rieckhoff tritt zurück
Hamburg (dpa) - Das Durcheinander in den Führungsgremien des Hamburger SV hält an. Einen Tag nach der Mitgliederversammlung beim Fußball-Bundesligisten ist Ernst-Otto Rieckhoff als Aufsichtsratschef zurückgetreten.
24 Stunden zuvor hatten sich die Kontrolleure um eine Verkleinerung des derzeit zwölf Mitglieder starken Gremiums gestritten. Rieckhoff favorisierte sieben Mitglieder und schlug eine komplette Auflösung des Aufsichtsrates zur nächsten Wahl im Januar vor. Von den 568 anwesenden Mitgliedern gab es die nötige Dreiviertel-Mehrheit für eine Reduzierung des Rates jedoch nicht.
Der Aufsichtsrat steht beim HSV seit Jahren in der Kritik. Zwistigkeiten, Indiskretionen und persönliche Eitelkeiten standen im Vordergrund. In der vergangenen Saison hielten sich die Mitglieder mit öffentlichen Auftritten allerdings zurück. Dennoch hat Rieckhoff die Nase voll. Er habe sich entschlossen, „im Januar nächsten Jahres nicht mehr für ein Mandat im Aufsichtsrat zu kandidieren“, teilte er auf der HSV-Homepage in wenigen Zeilen mit. So lange will er nur noch einfaches Mitglied sein. „Da aber derzeit die Weichen für das neue Geschäftsjahr gestellt werden, halte ich es für richtig, hieran nicht mehr an vorderster Front mitzuwirken“, sagte er.
„Ungeheuerlich“, hatte Ex-Präsident Jürgen Hunke am Vortag nach Rieckhoffs Vorschlag gewettert und seinem Ratskollegen Machtgier vorgeworfen. Der Gescholtene hatte am Abend sogar zurückgerudert: „Ich habe kein schlechtes Gewissen wegen der offenen Worte, aber ich hätte es weicher formulieren sollen.“
Sein Ansatz sei gewesen, dass das Kontrollgremium mit nur sieben Räten viel ruhiger arbeiten könne und weniger Interna nach außen dringen. 29 Sitzungen habe es im vergangenen Jahr mit endlosen Diskussionen gegeben, Entscheidungen bräuchten viel zu lange. Kollegen fühlten sich überrumpelt, auf den Schlips getreten und gingen Rieckhoff öffentlich an. Die Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten hätte sich deutlich gebessert, dies sei ein Schlag ins Gesicht.
Nun hat der HSV neben seiner sportlichen Mammutaufgabe, sich als Fast-Absteiger ohne finanziellen Spielraum erheblich zu verstärken, noch eine weitere Baustelle in den eigenen Reihen. Es ist zu bezweifeln, dass sich der zerstrittene Rat schnell beruhigt.
Dabei gibt es genug zu tun: Fast fünf Millionen Euro wird das Saison-Minus erneut betragen, die Verhandlungen mit den Banken über eine Streckung des Stadion-Kredites über 2015 hinaus laufen. Großen Beifall bekam trotz der Talfahrt HSV-Sportdirektor Frank Arnesen, der die bisherigen Zugänge René Adler, Artjoms Rudnevs und Maximilan Beister lobte.
Auch die Verhandlungen mit Marcell Jansen über einen neuen Dreijahresvertrag liefen gut. Die Verpflichtung des niederländischen Nationalstürmers Dirk Kuyt von Liverpool soll noch nicht vom Tisch sein. „Wir haben in der vergangenen Saison viele Führungsspieler gehen lassen, aber wir brauchen diese Mentalität“, sagte Arnesen.