Neuer Trainer HSV-Hoffnungsträger Gisdol: Habe „total Lust“
Hamburg (dpa) - Markus Gisdol will den kriselnden Hamburger SV aus dem Stimmungstief holen und für neue Leichtigkeit sorgen. „Der HSV ist ein wahnsinnig geiler Club, darauf habe ich total Lust“, sagte der Nachfolger von Bruno Labbadia im Volksparkstadion.
Er kündigte an, „die Mannschaft auf Vordermann bringen“ zu wollen. Er habe nicht lange überlegen müssen, als Clubchef Dietmar Beiersdorfer bei ihm anfragte, meinte der 47-Jährige. Bis nach ein Uhr in der Nacht hätten beide über die gewaltigen Probleme des Traditionsclubs diskutiert. „Ich habe wenig geschlafen, aber gut.“
Ihm sei bewusst, „dass die Aufgabe eine Herausforderung ist, aber die Strahlkraft des HSV war ein entscheidender Faktor“, meinte Gisdol, der bis Oktober 2015 für den Ligarivalen 1899 Hoffenheim tätig war. Nicht einmal die Tatsache, dass die Verweildauer für Fußball-Lehrer in Hamburg eher kurz und er schon der Trainer Nummer 21 in den vergangenen 19 Jahren ist, konnte ihm die Vorfreude verderben. Ob er deshalb nicht gezuckt habe, fragte ihn ein Reporter. Gisdols Antwort: „Ja, aber vor Freude.“
Diese positive Energie will er in die noch sieglose und auf einen Abstiegsplatz abgerutschte HSV-Mannschaft übertragen. Noch am Montagnachmittag legte er mit seinem Trainerteam los. Statt lose Versprechungen in die Welt zu setzen, kündigte Gisdol intensive Trainingsarbeit und Gespräche mit den verunsicherten Profis an. „Es wird in den nächsten Tagen keine Wunderdinge geben. Wir wollen kleine Schritte vorwärtskommen und die negative Stimmung, den Rucksack ablegen. Wir wollen Leichtigkeit hineinbekommen“, sagte er.
Beiersdorfer ist sich sicher, endlich den richtigen Mann für den Trainerposten gefunden zu haben. „Ich glaube, dass er ideal zu unserer Mannschaft passt, und bin überzeugt, dass er einen Schub auslösen wird“, sagte der HSV-Chef, der nun selbst unter Druck steht. Denn auch der 2014 mit dem Versprechen angetretene Clubchef, für Kontinuität beim HSV zu sorgen, konnte die Gesetzmäßigkeiten des Fußballs nicht aushebeln: Drei Chef- und ein Interimstrainer sowie zwei Sportdirektoren wurden vom Vorstandsboss vor die Tür gesetzt.
Gisdol bedauerte, dass Fußballlehrern immer weniger Zeit für die Entwicklung einer Mannschaft zugebilligt wird. Er hakte das zwar als „ein Berufsrisiko“ ab, meinte aber: „Mehr Gelassenheit und Geduld wären gut für das Fußballgeschäft.“ Beim HSV wird er die aber kaum haben. Schon am Samstag muss er bei Hertha BSC liefern.
Dauerpatient HSV wollte den neuen Hoffnungsträger eigentlich für zwei Jahre verpflichten. Doch der Geislinger wollte nur einen Vertrag bis Saisonende. „In der aktuellen Situation ist das angemessen“, sagte Gisdol. Seine dringlichste Aufgabe ist es, ein Spielkonzept zu entwickeln. Beim einzigen noch nie abgestiegenen Gründungsmitglied der Bundesliga läuft in der Offensive kaum etwas zusammen. Das schlechteste Liga-Team 2016 mit nur fünf Siegen aus 22 Spielen hat in den bisherigen fünf Saisonspielen gerade einmal zwei Treffer erzielt und nur acht Tormöglichkeiten erspielt.
Von rund 250 Trainingskiebitzen wurde Gisdol am Montagnachmittag freundlich begrüßt. „Moin, Hamburg“, sagte der Coach, als er um kurz vor 16.00 Uhr den Platz im Volkspark betrat. Bei seiner ersten Einheit spielte der Neue eher den Beobachter, sprach hin und wieder mit seinen Spielern, überließ aber die Trainingsarbeit vornehmlich seinen Assistenten Frank Fröhling und Frank Kaspari. Als Spielformen geübt wurden, gab er lautstark Anweisungen an die Profis weiter.