Präsidentschaftswahl Kampf um Macht beim HSV: Ruhe-Meier gegen Wirbel-Hoffmann

Hamburg (dpa) - Auf dem Rasen ringt der Hamburger SV verzweifelt um seine Erstliga-Existenz, in den Funktionärsbüros tobt derweil ein Machtkampf. Es geht um die Präsidentschaft beim Gesamtverein HSV mit seinen rund 78 000 Mitgliedern in mehr als 30 Abteilungen.

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Am Sonntag wird bei der Mitgliederversammlung des Vereins die dreiköpfige Führungsspitze gewählt. Vordergründig geht es um Tischtennis, Eltern-Kind-Turnen und Tanzen. Tatsächlich aber, wie könnte es anders sein, steht der Profifußball im Fokus.

Amtsinhaber Jens Meier tritt gegen den ehemaligen Vereinsboss Bernd Hoffmann an. Die unterschiedlichen Charaktere stehen für deutlich divergierende Auffassungen und Führungsstile. Der 51 Jahre alte Meier ist seit 2014 Präsident und setzt auf ein „Weiter so!“. Der vier Jahre ältere Hoffmann will umwälzen. Der eine hält sich lieber im Hintergrund, der andere sucht die Öffentlichkeit: Ruhe-Meier gegen Wirbel-Hoffmann.

„Kontinuität tut dem Verein gut“, sagt Meier und greift damit die Order von Heribert Bruchhagen, dem Vorstandsvorsitzenden der Fußball-AG, auf. „Wir müssen die Qualität der Entscheidungen erhöhen“, erwidert Hoffmann und fordert Spitzenkräfte in der Führung.

Der HSV e.V. ist mit 76,19 Prozent Mehrheitsgesellschafter der Fußball-AG. Ohne den e.V. ist Grundsätzliches bei den Fußball-Profis nicht durchzusetzen. Mehr noch: Der Präsident des Gesamtvereins ist ständiges Mitglied im Aufsichtsrat und kann direkt Einfluss auf die AG nehmen.

Hoffmann war von 2003 bis 2011 Vorstandsvorsitzender des HSV. Stolz spricht er von 78 Europacupspielen in jener Zeit und schwarzen Zahlen. Dagegen heute: Sportlich und wirtschaftlich ist der Club ein Desaster. Vergangenes Geschäftsjahr wies der Verein einen Verlust von 13,4 Millionen Euro aus. Die Verbindlichkeiten liegen bei 105,5 Millionen Euro. Hoffmann malt ein Gespenst an die Wand: Der HSV werde „ein großes Problem damit haben, für nächstes Jahr eine Erst- oder Zweitligalizenz zu bekommen“.

Meier, hauptberuflich Chef der Hamburger Hafenverwaltung und gelegentlich vom Senat der Stadt nachdrücklich an seine Hauptaufgabe erinnert, dementiert. Die Situation sei „keineswegs beunruhigend“, sondern deutlich „komfortabler als zu unserem Amtsantritt“, behauptet er im „Hamburger Abendblatt“. Und setzt in der „Bild“ zum Konter an: „Ich finde es ziemlich vermessen, dass jemand kommt, der sieben Jahre raus war, und nun sagt, das kann ich alles besser.“

Als Hoffmann HSV-Chef war, gab es noch keine ausgegliederte Fußball-AG. Die wollte er zwar immer, biss bei den Mitgliedern aber auf Granit. Heute ist die AG da - und Hoffmann ist entsetzt. Besser als früher geht es dem Verein nicht. „Die sportlichen und wirtschaftlichen Ziele sind verfehlt worden“, grollt der Diplom-Kaufmann. Die miserable Finanzlage und der sportliche Niedergang geben ihm im Wahlkampf gegen Meier Munition in die Hand. Der Amtsinhaber versucht mit einer Personalie zu punkten. Angeblich will er Ex-HSV-Stürmer Horst Hrubesch als Berater engagieren.

Um größeren Einfluss zu nehmen, will Hoffmann neben Präsident auch Aufsichtsratschef werden. Der Rat muss den Vorstand kontrollieren, auf Fehlentwicklungen reagieren. Das dies in den vergangenen vier Jahren erfolgt ist, muss bezweifelt werden. Der Aufsichtsrat sei „entscheidend an der aktuellen Situation beteiligt“, klagt Hoffmann. Meier widerspricht: „Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft hat kein Recht, dem Vorstand Weisungen zu erteilen. Wir geben Ratschläge, ernennen Vorstände oder berufen sie ab. Das sind unsere Rechte und Pflichten.“ Was Hoffmann vorhabe, sei eine „One-Man-Show“. Eines ist deutlich: Der Wahl-Sonntag wird turbulent.