„Bedrohliche Situation“ Königsgraues Mittelmaß: Pfiffe auf Schalke nach 0:1
Gelsenkirchen (dpa) - Der obligatorische Gang vor die Nordkurve des Stadions fiel den Schalker Profis sichtlich schwer. Mit hängenden Köpfen und leeren Blick machten sie sich auf den Weg und ertrugen wenig später die minutenlange Pfiffe von den Rängen.
Nach dem ernüchternden 0:1 (0:1) in der Fußball-Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt war selbst die Geduld der treuesten Anhänger aufgebraucht. „Das tut weh, wenn man so ausgepfiffen wird und in die entsetzten Gesichter schauen muss“, gestand Mittelfeldspieler Leon Goretzka.
Der Frust über den missratenen Start in die Rückrunde saß tief. Langsam aber sicher dämmert es allen Beteiligten, dass der Revierclub erstmals seit 2009 wohl nicht in einem internationalen Wettbewerb vertreten sein wird. „Wir haben heute eine riesige Chance vergeigt. Die Passquote war unterirdisch“, befand Manager Christian Heidel.
Klagen der Profis über die schlechte Qualität des Rasens oder ein angebliches Foul von Frankfurts Abwehrspieler David Abraham an Schalkes Naldo vor dem Führungstreffer von Alex Meier (33.) ließ Heidel nicht gelten: „Diese Nebengeräusche interessieren mich nicht.“ Ähnlich deutlich reagierte er auf Fragen nach den verbliebenen Europapokal-Chancen des Revierclubs: „Das ist momentan überhaupt kein Thema. Wir wollen uns nicht lächerlich machen, wenn wir 21 Punkte haben und uns Gedanken über Europa machen.“
Alle Hoffnungen auf eine erfolgreiche Aufholjagd erwiesen sich als Wunschdenken. Mit erschreckender Einfallslosigkeit versuchte das Team von Trainer Markus Weinzierl, den Rückschlag abzuwenden. Statt den Abstand auf den möglichen Mitbewerber um einen europäischen Startplatz auf fünf Punkte zu verkürzen, wuchs er auf elf Zähler an. Weltmeister Benedikt Höwedes fand deutliche Worte: „Wir sind vollkommen hinter den Erwartungen zurück und befinden uns in einer bedrohlichen Situation.“
Allein die Fakten dokumentieren den Trend. So hat der einstige Europacup-Abonnent in dieser Saison noch kein Spiel gegen eine Mannschaft aus der oberen Tabellenhälfte gewonnen. Zudem gab es nach nur 18 Spieltagen bereits neun Niederlagen - so viele waren es zum gleichen Zeitpunkt zuletzt vor 23 Jahren. Der Abstand zum Tabellen-6. ist größer als der zum Relegationsplatz. „Die Mannschaft hat es in der Hand, dass die Situation nicht bedrohlich werden darf“, kommentierte Heidel mit Bezug auf die Warnungen von Höwedes.
Dagegen liegt die Eintracht weiter deutlich über dem Soll. Zur Freude von Trainer Niko Kovac verbuchte sie bereits neun Saisonsiege und damit so viele wie in der kompletten vergangenen Spielzeit. Der erste Erfolg in Gelsenkirchen seit 1999 passte ins Bild einer Mannschaft, die bei begrenzten Möglichkeiten den optimalen Ertrag erzielt. Dennoch wollte Kovac den anhaltenden Höhenflug nicht überbewerten. Noch sieht der Fußball-Lehrer seine Mannschaft nicht auf Europacup-Kurs: „Ich bleibe auch am 18. Spieltag dabei. Wir wollen eine ruhige Saison spielen.“
Eine besondere Genugtuung war der Sieg für Torjäger Meier. Wie schon beim 1:0 über Schalke in der Hinrunde sorgte er für den entscheidenden Treffer. Der Frust über die Maßnahme des Trainers, beim vorigen Spiel in Leipzig (0:3) auf ihn zu verzichten, schien urplötzlich verflogen. „Es war kein schönes Spiel. Der Ball war fast nur in der Luft“, bekannte der Matchwinner. Mit schelmischem Lächeln verwies er auf die besondere Qualität der neuen Eintracht: „Das zeigt, dass wir, auch wenn wir schlecht spielen, noch dagegen halten können und über den Kampf einen Punkt oder drei mitnehmen können.“