Millers fröhliche Rückkehr nach Psycho-Erkrankung

Hannover (dpa) - An einem trüben Novembertag begann für Markus Miller der Weg zurück in die Normalität. Im dichten Nebel kehrte der Ersatztorwart von Hannover 96 nach elf Wochen stationärer Behandlung wegen einer psychischen Erkrankung ins Training zurück - fröhlich lachend, befreit wirkend.

„Ich bin froh, wieder hier zu sein“, sagte der Fußballprofi, der in einem viel beachteten Schritt seine Probleme öffentlich gemacht hatte. „Es war richtig schön, die alten Gesichter wieder zu sehen.“ Das triste Wetter stand im Kontrast zu der gelösten Stimmung des 29-Jährigen. Miller scherzte beim Auftakt der ersten Übungseinheit mit seinen Kollegen und sagte später: „Ich fühle mich wieder wohl. Ich wäre auch mit einem ausgerissenen Bein zum Training gegangen.“ Er sei „herzlich empfangen worden, von jedem einzelnen“. Und grinsend fügte der Bundesligaspieler an: „Keiner hat ein Ständchen gesungen.“

Beobachtet von mehreren Fernsehkameras und Fotografen machte sich Miller nach dem fröhlichen Trainingsbeginn zunächst mit den Torwartkollegen um den neuen Nationalkeeper Ron-Robert Zieler warm. Anschließend absolvierte der die komplette Einheit, stand beim abschließenden Trainingsspielchen eine Halbzeit im Tor, ehe er später entspannt Rede und Antwort stand.

„Es ist überraschend, so viele Leute zu sehen, nachdem man elf Wochen weg war“, sagte Miller. Salopp fügte er noch an: „Es ist nicht ganz so einfach, nachdem man lange in einem geschlossenen Raum war, wenn dann so viele Menschen da sind.“

Der als Spaßvogel des Teams bekannte Miller erschien befreit und fröhlich, hatte aber auch ernste Erklärungen und Botschaften. „Wenn es dazu beiträgt, dass sich das Bewusstsein in der Öffentlichkeit ändert, dann bin ich gerne Vorbild“, sagte Miller zu seinem „Outing“. Vor ihm hatte noch kein Bundesligaprofi eine psychische Krankheit öffentlich gemacht. Mentale Erschöpfung und ein beginnendes Burnout-Syndrom lautete die Diagnose.

„Grundsätzlich hat die Enke-Tragödie dazu beigetragen, öffentlich damit umzugehen“, bestätigte Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke. Vor etwas mehr als zwei Jahren beging der damalige Nationaltorwart Suizid, nachdem er seine Depression geheim gehalten hatte.

Miller machte es anders. „Sicherlich hat das auch mit eine Rolle gespielt, alles öffentlich zu machen“, erklärte der 96-Ersatzkeeper, der erst nach Enkes Tod verpflichtet worden war. Zu seiner Krankheit erläuterte er: „Es gibt da geringe Parallelen.“ Jede psychische Erkrankung sei anders und individuell.

Nach Miller fand auch der Schalker Trainer Ralf Rangnick den Mut, zu seinen psychischen Problemen zu stehen. „So ernst das mit ihm ist, mir hat es ein bisschen Erleichterung gebracht, weil ich nicht alleine in der Öffentlichkeit stehe“, gestand Miller.

Umgekehrt könnte die Rückkehr des Tormanns in den Fußball-Alltag auch ein Signal für Ralf Rangnick sein, der früher auch in Hannover arbeitete. „Der Fall Miller zeigt, dass der Weg zurück immer möglich ist“, sagte Schmadtke.

Der Weg in die Öffentlichkeit habe bei der Genesung geholfen, erklärte Miller, ohne weitere Details der Behandlung zu nennen. „Ich bereue den Schritt nicht“, sagte er und fügte hinzu:: „Es waren sehr spannende und emotionale elf Wochen.“ Neben den Therapeuten und der Familie hätten auch viele im Club geholfen: „Viel professioneller, viel besser kann sich ein Verein damit nicht auseinandersetzen!“ Auch die Mannschaft habe ihn mit einer Video-Botschaft „in der schweren Zeit“ unterstützt.