Mitglieder quälen Hertha-Profis: Herzblut zurückgeben
Berlin (dpa) - Es war ein Stück absichtliche Qual und zugleich ein Novum in der illustren Geschichte von Hertha-Mitgliederversammlungen. Bis zum bitteren Ende mussten sich die gescholtenen Berliner Profis und Chefcoach Jos Luhukay die gewachsenen Ängste ihrer Anhängerschaft anhören.
„Wir sind in einer Situation, die uns nachdenklich stimmt“, bemerkte Manager Michael Preetz und sprach von „Tagen zum Vergessen“ mit drei Pflichtspielpleiten nacheinander und dem Abrutschen auf Tabellenplatz 14.
Die Chefs des Berliner Fußball-Bundesligisten hatten sich ausgedacht, dass die komplette Mannschaft nicht wie sonst üblich vorzeitig die Vereinsversammlung verlassen sollte. Nur die von ihren Nationalmannschaften angeforderten Spieler fehlten.
Es gab am Montagabend in der Messehalle 20 mit dem Flair einer alten Fabrikhalle noch immer Beifall für das Team und seinen Trainer, obwohl Hertha nun schon das komplette Jahr 2014 auf Form- und Stabilitätssuche ist. „Ihr habt bislang eine Rückendeckung erfahren, die so nicht zu erwarten war“, erklärte Hertha-Präsident Werner Gegenbauer in Richtung Spieler: „Sie sind hier, um das zu hören, wie viel Herzblut und Vertrauen da ist. Das hält aber nicht ewig, wenn sie jetzt nicht anfangen, das zurückzugeben.“
Die positiven wirtschaftlichen Zahlen aus der Vorsaison wurden von den 1210 Herthanern im Saal - insgesamt hat der Verein auf 32 400 Mitglieder aufgestockt - anerkennend zur Kenntnis genommen. Doch nicht der erstmals über die 100-Millionen-Grenze gekletterte Umsatz (104,3 Millionen Euro) hauptsächlich dank des US-Investors KKR noch die 13,4 Millionen Euro Gewinn und die auf 24,4 Millionen Euro reduzierten Verbindlichkeiten bewegten die Herzen der Hertha-Fans. Es war die Angst vor einem möglichen erneuten Absturz in die Zweitklassigkeit nach 2010 und 2012, die durch die Köpfe spukte.
Schon in der Rückrunde der Vorsaison hatte Hertha nur drei Siege und 13 Punkte eingesammelt, was durch die beeindruckende Vorrunde (28) aber noch kompensiert worden war. „Aber jedem ist bewusst, woran und wie gearbeitet werden muss. Die Mannschaft weiß, dass sie liefern muss. Jeder weiß, was die Stunde geschlagen hat“, sagte Gegenbauer.
„Wir mussten erkennen, dass das Team noch nicht so stabil ist, wie wir uns das gewünscht haben“, räumte Preetz ein und verwies zugleich auf die angespannte Personallage: „Etliche Stützen fehlten uns monatelang. Wenn es so geballt kommt, geht es schon an die Substanz.“
Die Mitgliederversammlung habe gezeigt, „dass unsere Fans emotional sind und wollen, dass es Hertha gut geht“, sagte Luhukay am Dienstag am Rande des Trainings: „Finanziell sieht es ja gut aus. Nun müssen wir dafür sorgen, dass es auch sportlich wieder besser wird.“