Nagelsmann nach Debüt: „Nicht nervöser als bei U19“
Bremen (dpa) - Von Aufregung keine Spur: Der jüngste Trainer in der Geschichte der Fußball-Bundesliga blieb bei seiner Premiere ganz gelassen.
„Ich war nicht übernervös“, berichtete der erst 28 Jahre alte Julian Nagelsmann und fügte an: „Nicht nervöser als bei einem U19-Spiel.“ Drei Tage zuvor hatte er noch die A-Jugend der TSG 1899 Hoffenheim trainiert, ehe er sich bei seinem Erstliga-Einstand mit dem 1:1 bei Werder Bremen als cooler Taktik-Freak erwies.
Gefühle zeigte der junge Mann mit dem fusseligen Bartwuchs wenig, nur ein kurzes Strahlen vor der Pressekonferenz. In der verriet er aus seiner Gefühlswelt wenig, sagte dazu nur: „Es war ein tolles Erlebnis.“ Ansonsten blieb er sachlich und dozierte wie ein Assistent an der Uni, der für den Professor einsprang, über seine Taktik.
Nagelsmann hatte sein Team defensiv im selten genutzten 3-4-1-2-System spielen lassen, das bei eigenem Ballbesitz geändert wurde. Und der Taktik-Zocker verblüffte damit auch den Gegner. „Überrascht“, sei er gewesen, gab Werder-Trainer Viktor Skripnik zu: „Der alte Trainer hat mit anderem System gespielt.“
Der neue Coach der TSG „hat alles richtig gemacht“, lobte Skripnik den Debütanten: „Für mich war das schlecht.“ Auch wenn das Remis den Hoffenheimern weniger hilft als den Bremern und die TSG mit einigem Abstand Vorletzter bleibt - dem Trainer-Jüngling gelang ein vielversprechender Start.
Das Überraschungsmoment reichte immerhin zur Führung durch den später mit Gelb-Rot (77.) vom Platz gestellten Andrej Kramaric (10.). Nach dem Ausgleich durch den starken Papy Djilobodji (13.) besaß Bremen indes deutlich mehr Chancen zu einem zweiten Treffer als die TSG.
„Die Taktik war schon extrem“, sagte Hoffenheim-Keeper Baumann. Der beste Mann der Gäste lobte den jungen Coach, der ganz plötzlich Nachfolger von Huub Stevens geworden war, weil dieser wegen Herzrhythmusstörungen sein Amt niederlegen musste. „Er hat da eine ganz klare Art, hat eine ganz klare Linie“, kommentierte der Tormann: „So kann es weitergehen.“ Und Nadiem Amiri, der den Coach aus der Jugend gut kennt, berichtete: „Er ist ein mutiger Trainer, der viel mit den Spielern spricht.“
Aber schafft der Neuling beim Vorletzten die notwendige Aufbruchstimmung? „Schon ein bisschen“, sagte Baumann und schob vorsichtig nach: „Man hat schon das Gefühl.“ Angesichts der fünf Punkte, die es allein bis zum Relegationsplatz sind, ist allerdings mehr als eine gewiefte Taktik nötig.
„Er kann auch kein Hexenwerk vollbringen“, sagte Verteidiger Ermin Bicakcic. So sah Nagelsmann viele Fehler, die ihn wohl auch bei seiner A-Jugend geärgert hätten. Der junge Coach, der das Geschehen auf dem Rasen meistens ruhig am Rande verfolgte und kaum Emotionen zeigte, sah nach der Führung keine weitere Torchance seines Teams.
Ein kleines bisschen aufgeregt wirkte Nagelsmann nur kurz vor dem Ende der Partie, als er mit Bibiana Steinhaus über die lange Nachspielzeit diskutierte. Doch das Gespräch mit der vierten Offiziellen dauerte nicht lange, dann war das Debüt Teil der Bundesliga-Historie. Der Eintrag in die Geschichtsbücher der Liga bedeute ihm „persönlich sehr wenig“, versicherte der junge Mann: „Mir wäre es lieber, wenn irgendwann bei Wikipedia steht, dass wir gemeinschaftlich den Abstieg verhindert haben.“