Borussia Dortmund Randalierten BVB-Fans aus Frust über Polizeitaktik?
Leipziger Mannschaftsbus kam auf geheimer Route ins Stadion — deshalb sollen wartende Ultras auf Gästefans losgegangen sein.
Düsseldorf. Die Randale von Dortmunder Fans vor dem Spiel gegen RB Leipzig am vergangenen Samstag beschäftigt nun auch die Landtagspolitiker: Am Donnerstag erklärte Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Innenausschuss, wie die Planung des Einsatzes ablief. Der Leipziger Klub hatte demnach schon im November vor möglichen Problemen gewarnt und um Schutz für den Mannschaftsbus gebeten. Den bekam das Team auch — was den Gewaltexzess wohl erst auslöste.
Am 21. November, so berichtet Bernd Heinen, Inspekteur der NRW-Polizei, habe das Innenministerium einen Brief aus Leipzig erhalten. Darin war von Vorfällen bei den Spielen in Köln und Leverkusen die Rede, wo etwa Farbbeutel auf den Mannschaftsbus geworfen worden waren. Man müsse bei den Partien in NRW „jederzeit mit Angriffen“ rechnen — und so bat der Verein um eine Begleitung des Busses bei den Begegnungen in Dortmund, Mönchengladbach und Gelsenkirchen. In der Antwort drückte das Ministerium sein Bedauern über die bisherigen Attacken aus. In Dortmund wurde der Bus dann auf einer geänderten Route zum Stadion geleitet.
32 Strafverfahren gegen Störer — Hass-Banner werden überprüft
Allerdings, so Heinen, hätten 350 bis 400 Ultra-Fans auf den Mannschaftsbus gewartet. Als diese bemerkten, dass er bereits im Stadion war, sei die Folge „ein eruptiver Ausbruch von Gewalt“ gegen Gästefans gewesen. Inklusive Frauen und Kinder. Die Anhänger hätten kurz vor 17 Uhr eine Sperre aus zehn Polizeifahrzeugen durchbrochen, als der erste Polizist durch einen Stein getroffen worden war, forderten die Kräfte Unterstützung durch Einsatzhundertschaften an. Diese kamen allerdings erst an, nachdem die Randale bereits abgeebbt war.
Vorwürfe des Abgeordneten Marc Lürbke (FDP), die Polizei habe den Einsatz wohl mit „Mut zur Lücke“ geplant, weist Heinen entschieden zurück: Es habe mit einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) unter einem erfahrenen Polizeiführer und 237 Beamten eine „solide Kräfteplanung“ gegeben. Zudem würden in NRW immer Einsatzkräfte als Reserve für derartige Entwicklungen vorgehalten. Es habe aber „keinerlei Information“ gegeben, dass Dortmunder Ultras sich gegen Gästefans ohne jegliches Anzeichen von Aggressivität richten könnten: „Das war neu und im Vorfeld so nicht zu erahnen.“
Vier Gästefans und vier Polizisten wurden laut dem Inspekteur bei der Randale am Dortmunder Stadion verletzt; darunter eine Polizistin durch den Biss eines Fans in ihre Wade. 32 Strafverfahren wurden eingeleitet, 17 davon wegen Körper verletzungsdelikten, andere wegen Raubes, Beleidigung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung. Die Dortmunder Polizei habe eine achtköpfige Ermittlungskommission eingesetzt. Die Staatsanwaltschaft prüfe zudem, ob die Hassbotschaften auf Bannern, die auf der Südtribüne im Dortmunder Stadion gezeigt wurden, eine strafrechtliche Relevanz haben. Auf Nachfragen aus mehreren Fraktionen erklärt Heinen, es sei weder geklärt, wie die Plakate durch die Einlasskontrollen gelangen konnten, noch weshalb der Stadionsprecher nicht gemäß den Leitlinien dagegen vorging. Innenminister Jäger forderte die „Fußballbewahrer in den Kurven“ auf, mit Ordnern und Polizei zusammenzuarbeiten, um Straftäter zu identifizieren.
„Es ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten, dass der NRW-Innenminister sich jetzt hinstellt und seine Verantwortung für die öffentliche Sicherheit an die Fangemeinde abdrückt“, sagt dazu Gregor Golland (CDU). Jägers Behörde habe für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen — tue das aber nicht: Auch bei der Drittligapartie von Preußen Münster gegen Hansa Rostock am selben Wochenende sei weniger Polizei eingesetzt gewesen als angefordert. Golland nennt das „Versagen auf ganzer Linie“.