Risikospiele: Kein Rückhalt aus Bundesländern für Bremen
Berlin (dpa) - Die Sorge von Ligapräsident Reinhard Rauball vor einem „Flickenteppich“ im deutschen Fußball beim brisanten Sicherheitsthema ist unbegründet. Bremens Politiker stehen mit ihrem Vorstoß zur Bezahlung von Polizeieinsätzen bei Risikospielen durch die Bundesliga-Clubs alleine da.
Am Tag nach dem viel diskutierten Vorstoß von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer bekam der SPD-Politiker keinerlei Unterstützung aus anderen Bundesländern. Auch nicht von Parteifreunden aus Hamburg, Brandenburg, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Der Protest aus dem Profi-Fußball hält an und wird auch vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) unterstützt. „Ich sehe es auch als Angriff auf den gesamten Sport“, kritisierte Präsident Alfons Hörmann.
Die Ankündigung von Rauball, gegen das Bremer Vorhaben rechtlich vorgehen zu wollen, wird vom DOSB uneingeschränkt unterstützt. „Es ist korrekt, klare Kante zu zeigen“, sagte Hörmann. Dass Rauball die Verlegung des EM-Qualifikationsspiels gegen Gibraltar am 14. November in Bremen beantragen will, begrüßt er. „Das halte ich für die ganz genau richtige Antwort.“ Auch der DOSB werde sich überlegen, ob er in Bremen weiterhin sportlich aktiv sein wird.
Die drohende Länderspielverlegung durch das DFB-Präsidium am Freitag ist für den Bundesligisten Werder Bremen nachvollziehbar. „Das wäre eine sehr harte, aber sehr konsequente Entscheidung“, sagte Klaus Filbry, Vorsitzender der Club-Geschäftsführung. „Bitter ist es, dass am Ende vor allem die Fußballfans, aber auch Werder Bremen genauso wie die mittelständische Wirtschaft und der Tourismus der Region die Konsequenzen des politischen Alleingangs tragen müssen.“
Ligapräsident Rauball hatte seine Sorge ausgedrückt, der Bremer Beschluss werde eine uneinheitliche Regelung in Deutschland hervorrufen. „Es droht demnach ein Flickenteppich - und das kann niemand wollen“, sagte der Präsident von Borussia Dortmund in einem Interview der Funke-Mediengruppe (Mittwoch).
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann positionierte sich am deutlichsten gegen den Bremer Plan. „Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegt die originäre Zuständigkeit beim Staat und damit bei der Polizei“, erklärte der CSU-Politiker in München. „Wenn HSV-Fans am Marienplatz randalieren, kann man nicht den FC Bayern dafür verantwortlich machen“, betonte Herrmann. Der Beitrag der Vereine müsse sein, Gewalttäter auf Dauer von Fußballspielen auszuschließen und gegen Pyrotechnik einzuschreiten.
Bremen will den Fußball für Polizeieinsätze bei Risikospielen in der Bundesliga in der neuen Saison zur Kasse bitten. Nach Ansicht Herrmanns wie praktisch aller seiner Amtskollegen sind die Veranstalter von Fußballspielen oder anderer Großveranstaltungen „generell in den eigenen Räumen und eigenen Veranstaltungsorten für den geordneten Ablauf selbst zuständig“. Sie müssten für eine ausreichende Anzahl an Ordnern sorgen - mehr aber auch nicht.
„Unser Ziel ist es, die Einsatzzeiten der Polizei beim Fußball auf Dauer zu reduzieren. Dabei setzen wir auf den Schulterschluss mit DFB, DFL, den Vereinen und den friedlichen Fans“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger. „Nur gemeinsam kann es uns gelingen, Chaoten und Gewalttäter aus den Stadien herauszuhalten. Wir haben in Deutschland eine einmalige Fußballkultur. Wir haben moderne Stadien, Stehplätze und eine Superstimmung. Mir ist es wichtig, dieses wunderbare Fußballerlebnis zu erhalten“, fügte der Vorsitzende der Innenminister-Konferenz an.
Auch aus Schleswig-Holstein, Hessen, Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern kamen ablehnende Reaktionen. Scharfe Kritik äußerte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Das Ansinnen von Mäurer sei schon im Ansatz nicht nachvollziehbar und rechtlich fragwürdig. Dieser solle erklären, wie er durch Bezahlung von Polizeieinsätzen durch die Vereine und Verbände einige, wenige Chaoten und Gewalttäter von ihrem Handeln abbringen wolle, sagte Caffier.
Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sieht die Hauptprobleme für die Sicherheit im öffentlichen Raum auf den Anfahrtswegen. „Den Vereinen die Störerhaftung zuzuordnen, halte ich für wirklich sehr problematisch“, sagte Gall. Auch Berlin lehnt den Vorstoß ab. „Eine Kostenbeteiligung ist der falsche Weg“, erklärte Innen- und Sportsenator Frank Henkel (CDU).
Rheinland-Pfalz - wie Bremen rot-grün regiert - hatte sich schon vor dem Bremer Beschluss positioniert und als bundesweit einheitliche Regelung den sogenannten „Event-Euro“ vorgeschlagen. In der Innenministerkonferenz sei der Vorschlag noch nicht abschließend beraten worden und somit nicht „abstimmungsreif“.
DOSB-Präsident Hörmann bezeichnete das Vorgehen Bremens als „sportpolitische Geisterbahnfahrt, die dem Großen und Ganzen nur schadet.“ Es werde dadurch an den Grundfesten der Aufgaben für die öffentliche Sicherheit und des Gewaltmonopols des Staates gerüttelt. „An öffentliche Sicherheit darf kein Preisschild gehängt werden!“ Der Sport könne und dürfe seine Veranstaltungen nicht in gewinnorientiert oder gemeinnützig auseinanderdividieren lassen. „Wer will in einer Behörde beurteilen, wo beginnt die Gewinnorientierung bei einer Veranstaltung und was ist noch gemeinnützig“, erklärte Hörmann.