Bundesliga Schalke: Jetzt soll ein Nobody alles retten

Schalke hat entschieden, Markus Weinzierl nach nur einem Jahr zu entlassen. Jetzt muss es ein eher unbekannter Trainer richten. Ein Vermieter aus Gelsenkirchen hatte das wohl geahnt.

Noch bis vor wenigen Tagen sah es danach aus, als wollte es Schalke 04 erneut mit Markus Weinzierl versuchen.

Foto: Ina Fassbender

Gelsenkirchen. Vielleicht konnte der Immobilienbesitzer aus Gelsenkirchen tatsächlich in die Zukunft sehen. Den neuen Schalker Trainer Markus Weinzierl wollte er jedenfalls im Sommer 2016 nicht in seine Wohnung einziehen lassen. „Ich habe eine Absage bekommen, der Vermieter wollte einen langfristigen Mieter“, sagte der damals frisch ernannte Trainer rührend ehrlich.

Viel Freude hätte der Vermieter tatsächlich nicht gehabt: Nach nur einem Jahr Dienstzeit müsste der 42-Jährige nun wieder ausziehen. Weinzierl ist nach einer völlig missglückten Saison mit Platz zehn und dem erstmaligen Verpassen der internationalen Plätze seit der Saison 2008/2009 gestern beurlaubt worden. Das endgültige Votum der Vereinsgremien steht aus. Es ist die nächste Misserfolgsgeschichte des Traditionsklubs, bei dem seit dem vergangenen Juni eigentlich alles besser werden sollte.

Damals wollten die beiden Neuen auf Schalke, Weinzierl und Manager Christian Heidel eine neue Ära einleiten. Dafür hatte Heidel Ex-Trainer André Breitenreiter nach nur einer Saison beurlaubt und für Weinzierl eine Ablösesumme von rund drei Millionen Euro nach Augsburg überwiesen. Doch die Zusammenarbeit der beiden ist nach nur kurzer Zeit vor allem von unglückseligen Entscheidungen und zunehmendem gegenseitigen Misstrauen geprägt.

Fünf Auftaktniederlagen, große Verletzungssorgen und fragwürdige Personalentscheidungen bildeten früh ein giftiges Gemisch, dass die Beziehung zunehmend belastete. Als nach Rückrundenbeginn abzusehen war, dass man die Saisonziele verfehlen würde, gab der Trainer ein öffentliches Statement ab, das den Stand der Beziehung zwischen den Verantwortlichen nicht deutlicher hätte vermitteln können. „Schalke hat andere Ansprüche als Mainz. Das ist eine neue Aufgabe“, sagte Weinzierl und forderte vom Manager Heidel künftig Spielerverpflichtungen vom Schlage etwa eines Robert Lewandowski.

Diese forschen Anmerkungen dürften Heidel persönlich getroffen haben. Zwar wiegelte er für die Öffentlichkeit diese Einlassungen rhetorisch professionell ab. Doch Heidels Saisonfazit zeigte, dass auch der Manager keine Rücksicht mehr nehmen wollte. „Die Entwicklung hat überall stattgefunden, nur nicht auf dem Spielfeld“, sagte Heidel und hatte zudem ein „klares Konzept“ auf dem Spielfeld vermisst. Noch bis vor wenigen Tagen sah es danach aus, als wollten es beide Seiten noch miteinander versuchen. Ein längeres Analyse-Gespräch unter vier Augen schien Lösungen gebracht zu haben. Dann aber betitelte der von Weinzierl kaum berücksichtigte Offensivspieler Yevhen Konoplyanka den Trainer als „Feigling“.

Und auch Mittelfeldakteur Max Meyer kündigte an, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Heidel, der zunehmend selbst unter Druck gerät, weil sein für den Verein bisher einmaliges Investitionsvolumen von rund 70 Millionen Euro für Neuverpflichtungen zu keinerlei Verbesserungen führte, reagierte nun überraschend mit der Beurlaubung. Mit seiner Personalentscheidung lenkt der Manager die Aufmerksamkeit vor allem auf die Verfehlungen des Trainers.

Mit der Verpflichtung des erst 31 Jahre alten Domenico Tedesco, der das Zweitligateam von Erzgebirge Aue mit einer bemerkenswerten Aufholjagd in der Liga halten konnte, gibt er erneut einem frischen Gesicht die Chance, auf der großen Bundesliga-Bühne für Furore zu sorgen. So wie es Heidel einst schon bei Jürgen Klopp und Thomas Tuchel in Mainz gelungen war. Es ist ein riskantes Ablenkungsmanöver des Managers, der nun hoffen muss, dass ihn sein Gespür für den richtigen Trainer nicht noch einmal im Stich lässt.