Silvester-Torschütze Luggi Müller: „Das war unser Job“
Hannover (dpa) - Tore, Punkte und Silvesterböller: Den Fußballfans wurde in den Anfangsjahren der Bundesliga in der Winterpause einiges geboten. Gleich zweimal mussten die Profis am letzten Tag des Jahres ran.
Rekordspieler Karl-Heinz Körbel stellte im DFL-Magazin die beiden Silvester-Partien zwischen dem 1. FC Nürnberg und VfB Stuttgart am 31. Dezember 1964 und zwischen Tasmania Berlin und Eintracht Braunschweig am 31. Dezember 1965 vor. Bei den Beteiligten ist 50 Jahre später die Erinnerung aber etwas verblasst.
„So ganz genau kann ich mich nicht erinnern“, sagte Nürnbergs Verteidiger Horst Leupold der Deutschen Presse-Agentur. „War das nicht ein Schneespiel?“ Nein, das war es nicht. In Nürnberg herrschten ordentliche Bedingungen, die Witterung war trocken, der Platz schneefrei, wie damals der „kicker“ berichtete. Immerhin 23 000 Zuschauer waren gekommen und freuten sich, dass Club-Legende Ludwig „Luggi“ Müller in der 77. Minute die frühe Stuttgarter Führung von Hartmut Weiß (3.) ausgleichen konnte.
„Wenn der Luggi das Tor erzielt hat, kann er bestimmt etwas dazu sagen“, erzählte Leupold. Mit dem Verweis auf seinen früheren Kumpel und Zimmerkollegen liegt der 72-Jährige goldrichtig. „Damals stand doch der Sawitzki im Stuttgarter Tor. Acht Tage zuvor wurde mir der Blinddarm herausgenommen. Deswegen musste ich mit meinen Kräften haushalten“, erinnerte sich Müller an den „Raketenschuss“ („kicker“), mit dem er eines seiner zehn Tore für den Club erzielte.
Das besondere Datum der vorgezogenen Begegnung hat der frühere Nationalspieler nicht mehr so richtig auf dem Schirm. „Wenn der Spielleiter die Begegnung auf Silvester angesetzt hat, dann haben wir eben gespielt. Das war unser Job“, sagte der 73 Jahre alte Müller. Der Haßfurter konnte ein Jahr später den Jahreswechsel ohne Fußball feiern, Spielleiter Walter Baresel setzte das Silvesterspiel 1965 für 14.00 Uhr im Berliner Olympiastadion an
„Es handelte sich um ein Nachholspiel“, erinnerte sich der Braunschweiger Klaus Meyer an den 2:0-Sieg beim hoffnungslos unterlegenen Tabellenletzten Tasmania. Meyer fuhr nach der „maßlos traurigen Partie“ (Sport-Magazin“) mit seinem Teamkollegen Lothar Ulsaß zur Silvesterparty in den Harz. Die 3000 frierenden Zuschauer - die Minusmarke von 827 Besuchern wurde 16 Tage später beim Gastspiel von Borussia Mönchengladbach aufgestellt - sahen immerhin den 500. Bundesliga-Treffer durch den zweifachen Torschützen Erich Maas.
Fünf Jahrzehnte später sind Bundesligaspiele zu Silvester kaum vorstellbar. Auch wenn die englische Premier League mit ihren Spieltagen am 2. Weihnachtstag (Boxing Day) und am 1. Januar auf sehr große Resonanz stößt. Der Bundesliga-Spielplan wird inzwischen mit Hilfe eines Computers erstellt. Dabei werden Parameter wie Verkehr, Sicherheit, Großveranstaltungen, 1. Mai-Demo oder Tanzverbot an Feiertagen eingegeben. Silvesterspiele sind nicht mehr dabei.