Sorge und Verwunderung: Babbel-Loch ist groß

Berlin (dpa) - Hertha BSC möchte seinen Fans möglichst noch vor Weihnachten einen neuen Cheftrainer präsentieren. Favorit ist Rudi Völlers ehemaliger Assistent Skibbe. Im Pokal gegen Lautern sitzt erst einmal Babbels Helfer Widmayer auf der Bank.

In der Liga ist die Verwunderung groß.

Nach dem Schock kommen die Sorgen und Ängste. Zwar bastelt eine schwer angeschlagene Hertha im Eiltempo an der Nachfolgelösung für den beurlaubten Markus Babbel, die wohl Michael Skibbe heißt. Doch der Schaden, den der unwürdige Abgang des Ex-Europameisters beim Hauptstadtclub hinterlässt, ist mit der bloßen Verpflichtung eines Nachfolgers nicht so einfach zu beheben.

„Wir hätten uns das alles anders gewünscht“, bemerkte Manager Michael Preetz. Club-Präsident Werner Gegenbauer rief „alle im Umfeld“ bereits zu einer schnellen Wende auf, damit der „positive Trend nicht völlig vor die Hunde geht“.

Als erste Notmaßnahme beförderte Preetz erst einmal Rainer Widmayer zum Cheftrainer für ein Spiel, was eine durchaus pikante Entscheidung ist. Denn der 44-jährige Schwabe - bislang Co-Trainer - gilt als engster Vertrauter von Babbel. Nach Informationen des „Kicker“ bestätigte Widmayer auch die Aussagen seines geschassten Chefs, er habe Preetz schon Mitte November davon informiert, zum Saisonende Hertha verlassen zu wollen.

Allerdings spricht Vereinsangaben zufolge der Tagesablauf bei Hertha an jenem 15. November klar gegen diese Version. Denn zum Zeitpunkt des angeblichen Treffens mit Preetz habe Babbel das Training geleitet und anschließend seine Pressestunde abgehalten.

An dem vermeintlichen Gespräch hatten sich die Lügen-Vorwürfe zwischen Babbel und Preetz entzündet und zugespitzt. Widmayer soll nun ungeachtet der verschiedenen Darstellungen Hertha im DFB-Pokal-Achtelfinale am Mittwoch gegen den 1. FC Kaiserslautern als Interimscoach betreuen. „Das ist ein ganz, ganz wichtiges Spiel, auf das sich ganz Berlin freut“, erklärte Preetz und versuchte, nach dem unwürdigen Theater um Babbel alle Konzentration auf den Pokalhit im Olympiastadion zu lenken.

Einen Tag nach der Partie gegen die Pfälzer könnte schon der Babbel-Nachfolger präsentiert werden. „Es ist richtig, dass wir uns natürlich intensiv mit der Thematik befassen, wer die Mannschaft zukünftig trainieren wird“, erklärte Manager Preetz. Gespräche mit Skibbe, der als Favorit gilt, wollte Preetz „so nicht bestätigen“, aber gleichzeitig nicht dementieren: „Das auch nicht.“ Hertha müsste Skibbe wohl aus dem laufenden Vertrag bei Eskisehirspor herauskaufen.

Nach Medienberichten sollen Herthas Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller und Geschäftsstellenleiter Thomas Herrich inzwischen in der Türkei sein, um mit Skibbe und dessen derzeitigem Verein Eskisehirspor zu verhandeln. „Ich halte es nicht für richtig, mich im Moment zu diesem Thema zu äußern“, sagte Skibbe selbst türkischen Journalisten. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung möchte Hertha den ehemaligen Bundestrainer, der als Assistent von Teamchef Rudi Völler von 2000 bis 2004 für die Nationalmannschaft mitverantwortlich war, schon am Donnerstag in Berlin vorstellen.

Ein noch längeres Vakuum könnte neue Spekulationen entfachen - genau das möchte Hertha verhindern. „Das ist natürlich nicht das Bild, was wir über Hertha BSC senden wollen - gerade in einem Jahr 2011, das so wahnsinnig erfolgreich war für den Verein“, betonte Preetz. Nach dem Abstieg 2010 hatten der Manager und alle anderen Hertha-Mitarbeiter mühsam an einem Imagewandel des Vereins hin zu Demut und Sympathie gearbeitet - und im Mittelpunkt stand Babbel.

Dass jetzt diese neue Hertha-Figur, die gerade außerhalb Berlins neues Interesse an der einst grauen Hauptstadt-Maus geweckt hatte, schon wieder verschwand, sorgte in der Liga für größere Verwunderung. „Hertha BSC ist für jeden eine Herausforderung“, sagte Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer. „Das schenkt er her. Aber so ist er nun mal, das ist sein Charakter, geradlinig heraus“, meinte Beckenbauer zu Babbel. Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der Babbel als „anständigen und geradlinigen Menschen“ kennengelernt hat, sagte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Verein hinters Licht geführt hat.“