Schiedsrichter zufrieden Videobeweis-Premiere in München klappt - Aber auch Ausfälle
München (dpa) - Tobias Stieler verließ die Münchner Fußball-Arena kurz vor Mitternacht rundum glücklich. Das Pilotprojekt Videobeweis hatte gleich beim allerersten Einsatz in der Fußball-Bundesliga aus seiner Sicht optimal funktioniert.
„Wir Schiris sind nicht perfekt, wir machen Fehler. Und wenn sie dann so korrigiert werden - wunderbar“, lautete das Fazit des 36 Jahre alten Unparteiischen aus Hamburg nach dem 3:1 des FC Bayern gegen Bayer 04 Leverkusen.
Auch der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga bewerteten die Bundesliga-Premiere des Videoassistenten positiv. „Wir sind mit dem Ablauf des Eröffnungsspiels zufrieden“, sagte Hellmut Krug, DFB-Schiedsrichter-Manager und Projektleiter Videoassistent. „Wir kamen bei der Bewertung der relevanten Szenen zu einer schnellen und präzisen Entscheidung“, meinte Krug laut Mitteilung des DFB und der DFL. Die intensive Vorbereitung habe sich ausgezahlt.
Allerdings: Am Samstag stand der Videobeweis bei den Spielen Hoffenheim - Bremen, Hamburg - Augsburg und Hertha - Stuttgart teilweise nicht zur Verfügung. Die DFL gab als Grund massive technische Probleme des Dienstleisters Hawkeye an. Bei Wolfsburg - Dortmund und Mainz - Hannover könne „bei Abseits-Entscheidungen keine kalibrierte Linie erstellt werden“, hieß es in der Mitteilung weiter. Das war schon beim Supercup-Spiel Dortmund - Bayern vor zwei Wochen in der ersten Halbzeit der Fall gewesen.
In der Bundesliga klappte am Freitagabend kurz nach der Pause beim ersten Ernstfall noch alles. Stieler hatte auf dem Spielfeld eine strafbare Handlung des Leverkuseners Charles Aranguiz an Robert Lewandowski nicht eindeutig wahrgenommen. „Ich bin auf dem Ball geblieben und habe mir die Flanke angeschaut. In meinem Rücken wird Lewandowski gehalten“, schilderte Stieler seine Sicht auf die Aktion im Strafraum. „Vom Gefühl her war da was, war es nicht ganz sauber. Aber ein Elfmeter muss für mich hundertprozentig sein.“
Stieler nahm über sein Headset sofort Kontakt zu Videoassistent Jochen Drees auf, der am Bildschirm in Köln die Szene automatisch überprüfen musste, weil es sich um einen Vorfall im Strafraum handelte. „Wir kamen dann rasend schnell zu der richtigen Erkenntnis, dass ein Haltevergehen vorlag und es Strafstoß für Bayern München geben muss“, berichtete Stieler. Laut DFB dauerte der komplette Vorgang vom Foul bis zum Elfmeterpfiff 36 Sekunden.
Die Leverkusener Spieler protestierten kaum, von Bayern-Seite gab es Lob. „Es war richtig, was der Schiedsrichter gemacht hat“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Sein Vorgänger Matthias Sammer äußerte sich in seiner neuen Funktion als Experte beim neuen Bundesligasender Eurosport dagegen skeptisch: „Es war vertretbar. Mein Bauch und mein Fußballerherz sagen mir aber, dass es viele Standardsituationen geben wird, bei denen wir diskutieren werden.“
Stieler hat die Technik, die anders als noch beim Supercup perfekt funktionierte, geholfen. Und das neue Teamwork habe funktioniert. „Ich bin froh, dass es so gut geklappt hat. Wie wäre es denn gewesen ohne Videoassistenten?“ Ihm wäre die Szene während der restlichen Spielzeit nicht aus dem Kopf gegangen, wie er offen zugab. „Und dann wäre ich in die Kabine gekommen und hätte gesagt, ich habe einen klaren Elfmeter übersehen. Das ist genau die Situation, wo der Videoassistent helfen kann, den Fußball gerechter zu machen.“
Der Helfer am TV-Schirm kann dem Schiedsrichter dessen schwierigen Job etwas erleichtern. Nicht nur die Überprüfung der vier korrekten Tore verlief am Freitagabend schnell und praktisch unbemerkt ab. „Wir wurden sehr gut vorbereitet, wir haben ein Jahr trainiert. Es war schon nahe an der Perfektion, würde ich sagen“, erklärte Stieler: „Es ist eine super Sache für den Fußball und uns Schiedsrichter.“
Der Unparteiische rechnet auch mit Effekten auf das Verhalten der Spieler. „Ich glaube, dass Schwalben im Strafraum nicht mehr so oft vorkommen werden. Denn klare Schwalben ohne Körperkontakt werden identifiziert“, sagte Stieler. Auch die Reklamationen rund um eine solche Entscheidung könnten abnehmen: „Wenn der Mann im Ohr etwas sagt, kann ich nicht auch noch mit den Spielern sprechen.“