Konzernspitze irritiert VW: Derzeit keine Kürzungen beim VfL - Druck für Allofs

Wolfsburg (dpa) — Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs hat sich mit seinen Äußerungen über die Erwartungshaltung bei VW offenbar keinen Gefallen getan. Die Konzernspitze zeigt sich irritiert über die initiierte Debatte über mögliche finanzielle Kürzungen für den VfL.

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Allofs dürfte sich in seinem Leben schon entspannter auf eine Geburtstagsfeier vorbereitet haben als in diesem Jahr. Kurz vor seinem 60. Geburtstag am Montag steht der Sportchef des kriselnden Fußball-Bundesligisten so sehr unter Druck wie wohl noch nie zuvor in seiner Manager-Karriere.

In der Führungsetage des Mutterkonzerns Volkswagen wird derzeit viel geschimpft. Nicht nur wegen der Folgen des selbstverschuldeten Abgasskandals. Auch wegen der sportlichen Krise des VfL, der sich binnen weniger Monate von einem Champions-League-Viertelfinalisten zu einem Abstiegskandidaten entwickelt hat. „Gerade wo es VW schlecht geht, spielt auch noch der VfL scheiße“, sagte ein Mitglied aus der Konzern-Führungsetage der Deutschen Presse-Agentur recht unverblümt.

Die Misere wird vor dem Heimspiel am Samstag gegen Hertha BSC (15.30 Uhr) immer mehr auch Allofs angelastet. Hinter vorgehaltener Hand wird bereits geunkt, Allofs habe wohl keine Lust mehr. Der VfL habe deutlich mehr Potenzial, dies werde aber derzeit nicht abgerufen.

Die Kritik auch in der Konzernspitze lautet laut Insidern: Allofs habe in der jüngeren Vergangenheit unglückliche Entscheidungen getroffen, notwendig sei ein „Strategiewechsel“. Statt viel Geld in teure Spieler wie etwa Julian Draxler (35 Millionen Euro) zu investieren, die sich letztlich nicht mit dem VfL identifizierten, solle künftig auf den Nachwuchs gesetzt werden.

Ironie des Schicksals, dass Allofs nach Beginn des VW-Abgasskandals auf ein geplantes neues Nachwuchszentrum verzichtete - aus freien Stücken und nicht, weil VW das Projekt aus Kostengründen gestoppt hat. „Das war kein Beitrag im Sinne von "Wir sparen das jetzt ein". Wir haben ohne entsprechenden Hinweis von VW dieses Projekt zurückgestellt, weil wir gesagt haben: Das ist jetzt nicht der Moment dafür“, berichtete Allofs unlängst.

Das Problem für den früheren Nationalspieler: So richtig spricht mit ihm von VW offenbar niemand. „Es geht nicht um einen Strategiewechsel, es geht darum, dass man die Lage immer wieder neu bewerten muss — und um die Frage, ob der Weg, den man eingeschlagen hat, der richtige ist“, hatte Allofs selbst noch behauptet.

Dass Konzern-Manager aus der Führung nur hinter vorgehaltener Hand über Allofs reden, spricht für sich. Der 59-Jährige selbst hatte vor dem erneut enttäuschenden 1:1 beim Vorletzten FC Ingolstadt am vergangenen Wochenende noch eine Entscheidung von VW über die künftige finanzielle Ausstattung des VfL gefordert.

Allofs' Äußerungen im Sport1-„Doppelpass“ vor rund zehn Tagen hatten Medienberichte über VW-Überlegungen entfacht, das jährliche Budget für den VfL von derzeit rund 80 bis 90 Millionen Euro um bis zu 30 Prozent zu streichen.

Nur die Diskussionen über Kürzungen gebe es gar nicht, behauptet VW nun. Trotz der Krise beim Mutterkonzern und des Wegfalls von bis zu 23 000 Stellen will der Autobauer demnach beim VfL vorerst nichts streichen. Die Diskussion darüber sei „nicht nachvollziehbar“. Verwiesen wird auf „laufende Verträge“.

Allofs hatte mit seinen öffentlichen Äußerungen eine Debatte über die Erwartungshaltung bei VW entfacht. „Man wird sehen müssen, welche Ziele Volkswagen hat: Fußball am Standort oder Bundesliga-Spitze?“, hatte Allofs gesagt und sich damit offenbar keinen Gefallen getan.

Die bisherige Saison ist mehr als enttäuschend für den VfL, die Mannschaft liegt auf Platz 14. Doch der Anspruch der VW-Führung sei, dass der VfL unter die ersten Sechs kommt, heißt es weiterhin.

Aber eben bitte ohne satte und enttäuschende Stars. Sollte der VfL stattdessen im Tabellenkeller verbleiben, könnte es für Allofs eng werden. Im Umfeld der Führungsetage lautet der Auftrag: Mannschaft und Verein müssten alle Kräfte bündeln, um den Weg aus der Krise zu finden, der VfL werde der Rolle als positiver Botschafter für VW aktuell nicht gerecht. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: VW war bereits mit Allofs' Vorgängern Dieter Hoeneß und Felix Magath in sportlicher Not wenig zimperlich.