Bundesliga Weinzierl — leise, aber immer deutlich
Schalkes Trainer überlässt vor dem Spiel gegen den FC Bayern noch Sportdirektor Heidel die lauten Töne. Er hat genug zu tun.
Gelsenkirchen. Es mutet fast ein wenig an wie das beliebte Kinderspiel „Stille Post“. Wenn Markus Weinzierl auf dem Trainingsplatz des FC Schalke 04 seine Anweisungen gibt, dann gibt es zunächst ratlose Gesichter bei einigen Profis aus Gelsenkirchen zu sehen. Erst wenn Kapitän Benedikt Höwedes die Worte des Trainers ins Englische für Franco Di Santo übersetzt und der Argentinier dann die Informationen in Spanisch etwa an den ukrainischen Neuzugang Yevhen Konoplyanka weiterleitet, der sich in seiner Zeit in Sevilla das Vokabular angeeignet hat, sind die Irritationen weitestgehend beendet.
Für Markus Weinzierl steht jedenfalls fest, dass die Spieler schnell deutsch lernen und sprechenmüssen. „Das Ziel eines jeden einzelnen Spielers muss sein, dass er in unserer Kabine in deutscher Sprache kommunizieren kann“, sagt der Trainer. Und diejenigen, die die Sprache noch nicht verstehen, sind auf die Hilfe ihrer Kollegen angewiesen. Weinzierl setzt auf die mannschaftsinternen Triebkräfte, die einen besonderen Gemeinschaftssinn beschleunigen können. Und die einer Mannschaft einen außergewöhnlichen Geist verleihen sollen. Allerdings sind der Trainer und seine Schalker Mannschaft von diesem Ziel nach den Eindrücken der Bundesliga-Auftaktniederlage bei Eintracht Frankfurt meilenweit entfernt.
Und auch Weinzierl überraschte mit einer Aufstellung, in der sich trotz sieben neuer Spieler nur Innenverteidiger Naldo in der Startelf wiederfand. Es schien fast, als wollte sich der ehemalige Augsburger Weinzierl noch einmal selbst davon überzeugen, an welchen Symptomen seine Mannschaft auch schon in der Vorsaison so sehr gekrankt hatte. Der Mangel an Sieger-Mentalität war auch in Frankfurt das wesentliche Hemmnis seines Teams. „Es ist wichtig, ein anderes Gesicht zu zeigen: Ich will eine Mannschaft haben, die 120 Kilometer läuft, nicht 110“, sagt er. Die Erkenntnisse seien gezogen, „ich habe aber nicht behauptet, dass sich in dieser Frage schon einen Schritt weiter wäre“, sagt er unmittelbar vor dem heutigen Spiel der Schalker gegen den FC Bayern München (20.30 Uhr).
Es sind ungewöhnlich forsche Worte des 41-Jährigen, der sich bislang noch im Ungefähren und oberflächlichen Statement besonders wohl gefühlt hat. Weinzierl hält sich in seinen bisherigen Wochen auf Schalke vor allem im Hintergrund auf und konzentriert sich auf die sportlichen Belange. Der Fußballlehrer hat seinen Spielern ein neues Fitness- und Ernährungsprogramm verabreicht, dass seine Wirkung bei einigen Profis schon deutlich widerspiegelt: Einige Profis haben in der Saisonvorbereitung bis zu fünf Kilogramm Gewicht verloren. Nur auf dem Trainingsplatz, vor seiner Mannschaft, tritt der Trainer in den Vordergrund und gibt Anweisungen und klare Strukturen vor. Außerhalb der Rasenflächen bleibt er der Mann im Hintergrund.
Weinzierl ist nicht der Kommunikator, der den Anspruch hat, sein Handeln und seine Vorstellungen unbedingt der Öffentlichkeit präsentieren zu müssen. Sein Auftreten entspricht seiner auch zuvor beim FC Augsburg gelebten niederbayerischen Zurückhaltung. Nach den Jahren der vielen und manchmal auch sehr lauten Töne der Cheftrainer in Gelsenkirchen wird dieses Wesen und die Art Weinzierls in Schalke als wohltuend und als der richtige Weg empfunden, das Team auf den richtigen Kurs zu bringen.
Und so ist es Manager Christian Heidel, der stellvertretend für seinen Trainer die öffentliche Bühne einnimmt. Und Weinzierl aus dem Herzen spricht, wenn er sagt, dass „es einige Spieler hier gibt, die sich stärker einschätzen, als sie sind. Es kommt auf die Mentalität an — und die ist sehr schwer trainierbar“. Ähnlich schnell wie die Spieler die Sprache erlernen sollen, muss es Weinzierl nun gelingen, die Mentalität des Teams zu verändern. Denn ein ruhiges Umfeld ist und bleibt in Schalke ein Ausnahmezustand.