Werder-Krise und Diskussion über Schaaf verschärft sich

Bremen (dpa) - Die Diskussion um seine Person verschärfte Thomas Schaaf selbst. Für fast mehr Wirbel als Werder Bremens unerklärliches 0:3 nach desolater Vorstellung im wichtigen Nord-Duell gegen den VfL Wolfsburg sorgte eine scheinbar etwas unbedachte Äußerung Schaafs anschließend im Fernsehen.

„Wenn ich im Weg stehen sollte, geh' ich gerne zur Seite, das ist überhaupt nicht das Problem“, sagte Werders-Trainer-Institution bei „Sky“. Zwar sagte Schaaf dies nicht einfach so, sondern auf eine konkrete Frage zu seiner Zukunft, doch die Aussage stand erstmal im Raum. Schmeißt Schaaf nach 14 Jahren als Werder-Trainer tatsächlich hin? Nein, (noch) nicht, lautet die Antwort wohl. „Ich versuche meinen Job zu machen, meine Arbeit so zu machen wie in den letzten Jahren auch“, sagte Schaaf später relativierend.

Auch Geschäftsführer Thomas Eichin kann sich eine überstürzte Reaktion Schaafs nicht vorstellen und scheint auch keine Lust haben, ein Rücktrittsangebot seines Trainers im Fall der Fälle annehmen zu wollen. „Wenn sich jeder so viele Gedanken machen würde und so viel Leidenschaft, so viel Arbeit und Kampfeslust an den Tag legen würde, hätten wir heute ein anderes Spiel gesehen“, befand Eichin.

Dennoch: Nach fast 14 Jahren als Werder-Coach ist Schaaf längst nicht mehr unantastbar. Am Sonntag sah sich Bremens Medien-Direktor Tino Polster genötigt, noch einmal zu versichern: „Nach meinem Kenntnisstand kann ich ausschließen, dass es heute und morgen eine Sitzung der Geschäftsführung geben wird.“

Dass Schaaf alles andere als amtsmüde ist, bekamen seine Spieler nach dem Debakel gegen Wolfsburg zu spüren. Wenige Minuten nach der Schmach rief der Coach sein Team in die Kabine, teilweise wurden die Profis aus Interviews heraus gerissen. „Der Trainer hat deutliche Worte gefunden“, berichtete Kapitän Clemens Fritz über den wohl heftigen und energischen Auftritt Schaafs.

„Ich denke, dass sich die Art der Trainingsführung und die Art generell in dieser Woche sicherlich ändern wird. Da bin ich mir ganz sicher“, kündigte Eichin nach der Sitzung an und behielt recht. Am Sonntag scheuchte Schaaf entgegen der sonstigen Gepflogenheiten den gesamten Kader bei Intervallläufen über den Platz. Zudem wurde der sonst trainingsfreie Montag gestrichen.

Noch haben die Hanseaten fünf Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge, doch die Art und Weise, wie der frühere Champions-League-Dauergast mittlerweile auftritt, vergrößert die Angst vor dem ersten Bundesliga-Abstieg seit 1980. Er mache sich sehr wohl Sorgen um den Klassenverbleib, räumte Eichin ein: „Wenn man das Spiel heute sieht und die erste Halbzeit sieht, ja.“

Einen Sieg hat der neue Sportdirektor in neun Spielen seit seinem Amtsantritt überhaupt noch nicht erlebt. „Ich bin genauso sprachlos und kann es nicht nachvollziehen, was ich heute gesehen habe“, sagte ein geschockt wirkender Eichin. Eigentlich war alles angerichtet für Werder. Die Ergebnisse der direkten Konkurrenz - Augsburg hatte 0:1 in Gladbach, Düsseldorf 1:2 in Hamburg und Hoffenheim gar 0:5 in Leverkusen verloren - waren eine Steilvorlage. „Man kann sich selbst freispielen und den Gegner mit reinziehen. Und dann gehen wir in Zweikämpfe, wie man es einfach nicht machen kann“, schimpfte Schaaf, der sich aber auch mit seiner Taktik angreifbar machte.

Der bislang stärkste Bremer Innenverteidiger Sokratis begann auf Linksaußen, dafür patzte im Abwehrzentrum der zuvor bereits mehrfach indisponierte Assani Lukimya erneut an der Seite des ebenfalls enttäuschenden Sebastian Prödl. Der erfolgreichste Torjäger Nils Petersen saß nach einer Magen-Darm-Grippe zunächst nur auf der Bank, Werder begann ohne Stürmer. Als Schaaf dies nach 32 Minuten korrigierte, stand es bereits 2:0 für Wolfsburg. „Ich glaube, dass wir Zweikämpfe verloren haben. Das ist das Entscheidende. Die Taktik ist da egal“, rechtfertigte sich Schaaf.

Dafür bekam er zunächst die Rückendeckung vom Team. „Wenn man so eine Leistung abliefert, dann kann man sich nur entschuldigen“, sagte Kapitän Fritz. „Ich weiß, wie akribisch er arbeitet. Ich denke, dass wir das gemeinsam schaffen werden.“ Ob dies alle so sehen, bleibt abzuwarten. Am Sonntag waren knapp vier Minuten nach den Intervallläufen vergangen, da verließ Kevin de Bruyne frisch geduscht schon wieder die Kabine. Keine zwei Minuten später kam Eljero Elia.