Champions League 4:4 - Wahnsinn in Leverkusen

Bayer 04 führt 2:0, liegt 2:4 zurück - und trifft doch noch zweimal beim Wildwest-Fußball gegen AS Rom in der Champions League.

Am Ende durfte Leverkusen doch noch jubeln.

Foto: Federico Gambarini

Leverkusen. Torchancen ohne Ende, acht Tore und unter dem Strich ein mitreißendes 4:4 — die Zuschauer in der Leverkusener Arena verabschiedeten am Dienstagabend sowohl die Gastgeber als auch die Spieler des AS Rom mit stehenden Ovationen. Und hatten ein Spiel mit zahlreichen Finten und Wendungen, offenen Abwehrreihen und Offensivkünstlern gesehen.

Schon in fünf Pflichtspielen in dieser Saison hatten Leverkusen keinen Treffer erzielt, Trainer Roger Schmidt deshalb auch ein „Problem“ vor dem gegnerischen Tor eingeräumt. Das aber hatte sich in Person von Javier Hernandez, genannt Chicharito, am Dienstagabend dann schnell erledigt. Weil der Mexikaner per Elfmetertor nach einem Handspiel von Vasilis Torosidis schnell vorlegte (3.) und Appetit bekommen hatte: Nach einem feinen Pass von Hakan Calhanoglu scheiterte er zuerst an Roms polnischem Torwart Wojciech Szczesny, traf aber im Nachschuss zum 2:0 (19.). Alles schien gerichtet für Leverkusens zweiten Sieg im dritten Champions League-Spiel.

Der so wichtig gewesen wäre, weil sich Bayer 04 und AS Rom wohl um den zweiten Platz hinter dem FC Barcelona streiten werden. Doch es kam in einem guten, auch fehlerhaften, allemal aber unterhaltsamen Spiel anders: Weil die Roma, dessen französischer Trainer Rudi Garcia nach eigenem Bekunden alle Leverkusener Spiele detailliert analysiert hatte, die Schwachpunkte des Gastgeber-Spiels konsequent ausnutzte. Und Daniele de Rossi, der 2012 nicht unwesentlich am deutschen Aus bei der EM 2012 im Halbfinale gegen Italien beteiligt gewesen war, Chicharito nicht nachstehen wollte - und auch zweimal zuschlug: Zunächst nach einer schlechten Faustabwehr von Torwart Bernd Leno völlig freistehend per Kopf (30.), acht Minuten später erneut ohne Begleitung nach einer Flanke von Roma-Geisseur Miralem Pjanic mit dem Knie — 2:2.

Leverkusen bekam keinen Zugriff im defensiven Zentrum, in dem der zuvor lange verletzte Ömer Toprak neben Christoph Kramer indisponiert war. Zudem malträtierten die Gäste die Innenverteidigung lange Zeit immer wieder mit langen Bällen und den schnell nachrückenden Offensiven Gervinho und Salah. So ging jede Sicherheit verloren, die Angst vor Fehlern hielt Einzug ins Leverkusener Spiel. Rom nutzte das und ging nach einem unberechtigt zustande gekommenen direkten Freistoß (Kramer foulte nicht, Nainggolan war nur ausgerutscht) von Standard-Experte Pjanic mit 3:2 in Führung (54.) und hatte nach diesem Beweis von herausragender Moral alle Vorteile auf seiner Seite: So schien es dahin zu gehen für die Gastgeber, die ohne die Führungsspieler Stefan Kießling (Leistenbeschwerden) und Lars Bender (Kapselverletzung im Sprunggelenk) vor 29412 Besuchern in der ausverkauften BayArena den Glauben an sich verloren zu haben schienen.

Rom erhöhte nach einem verlorenen Laufduell von Jonathan Tah gegen Gervinho und dem Treffer des angespielten Iago Falqué auf 4:2 — die Vorentscheidung? Nein, die letzte Wendung in diesem verrückten und etwas wilden Spiel stand noch bevor: Weil Kevin Kampl zuerst mit einem Schuss aus dem Nichts in den Winkel das 3:4 erzielte (84.) und nur zwei Minuten später Wendell mit einem Steilpass in den römischen Strafraum schickte. Den Pass des Brasilianers in die Mitte vollendete der eingewechselte Admir Mehmedi zum 4:4 und verwandelte die Arena in ein Tollhaus. Fortsetzung folgt. In Rom am 4. November.