Alarmstufe Rot: Der beste Robben beglückt den FC Bayern
Lwiw (dpa) - Es gab Zeiten, da war Arjen Robben auch in München als ewig verletzter Profi und Egoist vor dem Tor verschrien. Im reifen Alter von 31 Jahren ist alles anders: Selbst die Gegner applaudieren ihm.
Mit einer Wollmütze zum feinen Club-Anzug schützte sich Robben in Lwiw gegen die eisige Kälte in der winterlichen Ukraine. Vor dem Teamhotel des FC Bayern drängten sich die Fans, um vor der Champions-League-Partie des deutschen Meisters gegen Schachtjor Donezk möglichst ein Foto zu schießen oder wenigstens einen Blick auf den niederländischen Fußballstar zu erhaschen.
Robben stürmte so zielstrebig zur Lobby wie auf dem Platz Richtung Tor. Der Turbo-Stürmer des FC Bayern war in die vom Krieg gepeinigte Ukraine gekommen, um dort sein sportlich größtes Ziel der Saison weiter zu verfolgen. Robben möchte nach dem Triumph 2013 in London am 6. Juni im Berliner Olympiastadion noch einmal den Champions-League-Pokal in den Händen halten. Und dafür kennt er nur eine Marschroute: „Vollgas - und aggressiv nach vorne! Das ist die Art, wie wir Fußball spielen wollen.“
Vor allem seine. Mit 31 Jahren steht Robben im Zenit seines Könnens. Sogar die Gegner zollen ihm inzwischen offen ihre Anerkennung. Nach dem 8:0-Kantersieg gegen den Hamburger SV am Wochenende in der Bundesliga applaudierte auch HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer dem herausragenden zweifachen Torschützen.
Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge hob anschließend mal wieder zu einer Laudatio auf den für ihn „momentan vielleicht besten Feldspieler der Welt“ an: „Wenn Arjen den Ball hat, ist Alarmstufe Rot für jede Abwehr.“ Topleistungen Marke Robben seien nicht die Ausnahme, sondern „eher die Norm“, schwärmte Rummenigge.
Von Pep Guardiola ist man es gewohnt, dass er Spieler inflationär mit den Prädikaten „top, top, top“, „super“ oder „unglaublich“ bedenkt. Doch bei Robben klingen seine Lobpreisungen anders. Als „fundamental“ für den FC Bayern bezeichnete der Spanier den aktuellen Robben. Vor dem Achtelfinal-Hinspiel gegen Schachtjor Donezk am Dienstagabend hob Guardiola in Lwiw einmal mehr die außergewöhnliche Mentalität des Musterprofis auf dem Fußballfeld hervor: „Arjen Robben ist sehr wichtig für uns. Wenn er den Ball hat, sagt seine ganze Körpersprache: 'Ich will ein Tor machen'.“
Mit 14 Treffern führt Robben die Torjägerliste der Bundesliga gemeinsam mit dem Frankfurter Alexander Meier an. „Es klappt schon gut“, sagte er zu seinem Lauf. Zwangsläufig stellt sich die Frage nach dem Torschützenkönig. „Ich muss ehrlich sagen: Damit beschäftige ich mich nicht. Es ist nicht so, dass ich unbedingt Tore suche. Wenn du das machst, dann wird es kontraproduktiv.“
Es ist gar nicht so lange her, da wäre Robben von vielen für so eine Aussage belächelt worden. Lange war der Holländer als Egoist vor dem Tor verschrien. Nach dem verloren Champions-League-Finale 2012 gegen den FC Chelsea wurde er sogar von einem Teil der Bayern-Fans im eigenen Stadion ausgepfiffen. Sein Siegtor im Finale gegen Borussia Dortmund ein Jahr später in Wembley änderte alles.
Robben hat seitdem nicht an Ehrgeiz eingebüßt, aber die frühere Verbissenheit ist weg. Auch körperlich ist er robuster geworden. „In den letzten zwei Jahren waren wir glücklich mit Arjen. Er hatte wenig Verletzungen und hat allen gezeigt, ein wie guter Spieler er ist“, bemerkte Guardiola während der Dienstreise in die Ukraine.
Robben selbst beschreibt seine aktuelle Leichtigkeit auf dem Platz mit purer Spielfreude und Lockerheit vor dem gegnerischen Tor. „Wenn du in die Situationen kommst, dass du mal einen Abschluss hast, musst du die Ruhe bewahren und konzentriert versuchen, ein Tor zu machen.“ Das wird Robben noch mindestens bis Mitte 2017 im Trikot des FC Bayern tun, solange läuft sein Vertrag.
Acht Jahre wäre der rasende Holländer dann insgesamt in München, wo die Verantwortlichen froh sind, auch in schwierigen Zeiten an den derzeit besten Spieler der Bundesliga geglaubt zu haben. „Er spielt weltklasse, er schießt viele Tore. Wir sind glücklich, dass Arjen bei Bayern München spielt“, sagte Bayern-Chef Rummenigge.