Champions League Ex-KFC Profi Erik Meijer über das Champions League-Halbfinale zwischen Bayern und Real

Der ehemalige Bundesliga-Profi Erik Meijer ist beim Pay-TV Sender Sky Taktikexperte. Vom Champions League-Hit zwischen Bayern München und Real Madrid hat er eine klare Vorstellung.

Im Halbfinale treffen Real-Superstar Cristiano Ronaldo (l) und Bayern-Stürmer Robert Lewandowski (r) aufeinander.

Foto: Enrique de la Fuente, Andreas Geber / Montage: wz

Herr Meijer, wie war denn ihr erster Gedanke bei der Auslosung und dem Halbfinal-Los Real Madrid?

Erik Meijer: Ich hab gedacht, dass dann mein Wunschfinale trotzdem noch zustande kommt: München gegen Liverpool. So treffen jetzt mit Bayern und Madrid die zwei Größten aufeinander. Und die zwei Vereine, die fast nicht glauben können, dass sie unter den letzten Vier sind. Also im kleinen Halbfinale. Die werden beide alles reinwerfen, um die Chance zu bekommen, mal ein Finale zu spielen. Die Bayern sieben aus achtmal, Real Madrid immer, die letzten 1000 Jahre glaube ich. München und Madrid spielen jetzt ein Halbfinale auf extrem hohem Niveau. Mit den besten Spielern, die es momentan in Europa gibt.

Bei den Bayern fehlen drei Spieler, die normalerweise am Mittwoch spielen würden: Manuel Neuer, Artur Vidal und Kingsley Coman fallen aus. Eine Schwächung?

Meijer: Neuer-Vertreter Sven Ulreich kommt langsam auf einem Niveau an, auf dem Neuer lange war. Im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Leverkusen beim 6:2 war Ulreich phänomenal gut. Wenn du nur fünf oder sechs Bälle auf dein Tor bekommst, dann ist es sehr schwierig, alles richtig zu machen. Er wird immer sicherer. Das merkt man besonders an den Jungs, die vor ihm spielen. Die geraten nicht mehr in Panik, weil sie wissen: Da steht noch einer. Aber wenn Neuer wieder in einer normalen Verfassung ist, wird er wieder auf dem Platz stehen.

Ihr Kollege Didi Hamann hat gesagt, dass Comans Ausfall die Chance auf den Titel „drastisch reduziert“.

Meijer: Coman hat bisher zu seiner Verletzung Ribéry aus der Mannschaft gespielt. Aber gegen Leverkusen habe ich einen unglaublich guten Ribéry gesehen. Da war er der beste Mann auf dem Platz.

Das ist bei Real Madrid oft Cristiano Ronaldo. Was macht ihn aus?

Meijer: Ein Wort: Unberechenbar. Er ist ein Winner-Typ und beherrscht eigentlich alles. Was ich gut an ihm finde ist, dass er nicht das Talent hat wie Messi, aber so an sich gearbeitet hat, dass er das gleiche Niveau hat oder vielleicht sogar einen Schritt weitergekommen ist. Wenn ich bei Real Madrid spielen würde, würde ich ihm auch alle Bälle geben.

Wie müssen die Bayern ihr Mittelfeld optimal bestücken, weil ja neben der Flügelzange Ribéry/Robben für Thiago, Müller und James Rodriguez nur zwei Plätze da sind?

Meijer: Jupp Heynckes wird sich sicher eine Position für James ausdenken. Im Viertelfinale gegen Sevilla war mehr Gleichgewicht in der Mannschaft, als er hereinkam. Er hat sich unter Heynckes enorm weiterentwickelt, obwohl er ja Carlo Ancelottis Wunschspieler war. Bemerkenswert. Es wirkt auch, als hätte er drei, vier Kilo weniger auf den Rippen. Das tut ihm und den Bayern gut. Und er hat einen sehr guten Freistoß in den Beinen. Thiago ist auch gut unterwegs, aber er ist nicht immer so effizient. Und defensiv lässt er ab und zu seinen Mann laufen.

Betrachten wir zudem Thomas Müller als gesetzt. Oder es bleibt ihm der Platz rechts. Der von Arjen Robben.

Meijer: Bei Robben muss noch ein bisschen was dazukommen. Er war zuletzt nicht der, den ich gerne sehe. Den Doppelpass zu suchen oder in die Mitte zu ziehen. Rechts könnte sich Heynckes also auch für Müller entscheiden. Dann könnte Heynckes auch mit James und Thiago spielen. Das wäre allerdings sehr offensiv.

Bei allem Respekt für Bayerns Spieleröffnung, aber defensiv, in ihrem Kerngeschäft, wackeln die Defensivspieler manchmal, oder?

Meijer: Bei Hummels gebe ich Ihnen Recht, der ist nicht ganz so schnell wie Boateng und muss das mehr mit Auge machen. Fakt ist, dass ich zuletzt einen hohen Anteil an Möglichkeiten des Gegners gesehen habe. Leverkusen hat nicht immer davon profitiert. Ich kann mir vorstellen, dass Bale und Ronaldo damit geschickter umgehen werden.

Zumal bei Real ja auch noch noch Toni Kroos im Mittelfeld spielt.

Meijer: Ja. Der weiß, wie es geht. Kroos war für mich in der vergangenen Saison der Spieler des Jahres.

Ist er der wichtigste Spieler für Real?

Meijer: Ja, sowohl für Joachim Löw in der Nationalmannschaft als auch für Real. Er ist der Stratege, er macht das Spiel. Zusammen mit seinem Kumpanen Luka Modric. Ich glaube, wenn die beiden einkaufen gehen, dann kaufen die beide das gleiche.

Hat eine Mannschaft psychologische Vorteile?

Meijer: Die Bayern sind Meister, stehen im Pokalfinale, Real hat nur noch eine Titelchance.

Oder ist es nur Bayern gegen Real?

Meijer: Ja, das denke ich schon. Dieses Spiel ist losgelöst von allem. Ganz Europa wird auf dieses Spiel schauen. Und trotzdem erwarte ich, dass Real mehr Ballbesitz haben wird. Gehen wir mal ein paar Jahre zurück: Im Halbfinale 2013 hatten die Bayern gegen den FC Barcelona nur 36 Prozent Ballbesitz und haben vier Tore geschossen beim 4:0 im Hinspiel. Jetzt im Viertelfinale hatten die Bayern weniger Ballbesitz als Sevilla und haben 2:1 gewonnen. Gegen Paris St. Germain im Gruppenspiel dieser Saison hatten sie weniger Ballbesitz — 3:1 gewonnen. Ich denke, dass Heynckes dieses System noch mal spielen wird. Etwas abwartender und dann im Umschaltspiel dem Gegner weh zu tun.

Hört sich interessant an.

Meijer: Dadurch erreichst du zwei Sachen: Die Bayern sind schnell und gut nach vorne, und die gegnerischen Stürmer haben weniger Platz, weil der Raum kleiner ist.

Herr Meijer, jenseits Ihres Wunsches Bayern gegen Liverpool im Finale: Wie ist ihr Tipp?

Meijer: Wenn ich jetzt ins Wettbüro gehen würde, würde ich auch zehn Euro auf dieses Finale mit zwei Teams, die vollkommen unterschiedlichen Fußball spielen setzen.


Ex-Profi Erik Meijer (Foto: Uwe Anspach).