Bayern-„Maschinen“ für Juve angeworfen

München (dpa) - Vom zelebrierten „Bilderbuchfußball“ zum „Top-Spiel“ auf Spitzenniveau: Dem spektakulären Tor-Zauber in der Liga wollen die Bayern-Stars höchste Defensivkunst in Europa folgen lassen.

Bloß kein Gegentor lautet die Maxime von Bastian Schweinsteiger & Co. vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Juventus Turin. Nach dem öffentlichen Torschusstraining mit dem Hamburger SV beim 9:2 will der 99,99-Prozent-Meister an diesem Dienstag (20.45 Uhr/Sky) die nächste Titelchance erhalten - unter völlig anderen Voraussetzungen.

„Das wird wahnsinnig intensiv, wahnsinniges Tempo, Zweikampfverhalten und Aggressivität. Da wird alles drin sein, was ein Top-Spiel ausmacht“, erklärte Jupp Heynckes einen Tag vor der Partie und geriet ins Schwärmen über des Gegners Qualitäten. „Das ist eine absolute Top-Mannschaft. Auf der einen Seite typisch italienisch, auf der anderen Seite haben sie große Offensivqualitäten und Fantasie in ihrem Spiel.“ Der Gedanke an den von ihm prophezeiten Fußball-Abend der Extra-Klasse ließ den 67-Jährigen schon rund um das HSV-Spiel kaum los. „Ich bin abends mit der alten Dame Juve ins Bett gegangen und morgens wieder aufgestanden, weil ich perfekt informiert sein wollte.“

Schwärmte der Coach nach der Oster-Gala mit dem Vierfach- Torschützen Claudio Pizarro noch von „Bilderbuch- und Lehrbuch-Fußball“, so dürften in der Königsklasse vor allem Taktik-Liebhaber auf den Geschmack kommen. „Wir müssen versuchen, keine Chance herzugeben, müssen in der Defensive gut stehen. Wir versuchen zu Null zu spielen, das wäre schon mal ein Erfolg“, gab Co-Kapitän Schweinsteiger gleich nach der Party ohne Schale und Schampus die Marschroute gegen die „schlitzohrigen und sehr cleveren“ Italiener aus. „Juventus ist eine der besten Mannschaften Europas.“ Toni Kroos pflichtete bei: „Ideal wäre, wenn wir zu Null spielen und gewinnen könnten.“ Dabei fehlt allerdings der gesperrte Mittelfeld-Abräumer Javi Martínez.

Seit 490 Minuten ist Juve mit Torwart-Legende Gianluigi Buffon in der Champions League ohne Gegentor und nach vorne sind die Turiner um DFB-Schreck Andrea Pirlo schwer ausrechenbar. Öfter als das Münchner Star-Ensemble mit 18 Toren traf allerdings kein Team in der Königsklasse. Der Zucker-Auftritt gegen den hilflosen Sport-Verein mit Toren von Pizarro (4), Arjen Robben (2), Schweinsteiger, Xherdan Shaqiri und Franck Ribéry unterstrich diese Offensivpower. „Bayern macht Angst: 9 Tore gegen Hamburg!“, schrieb die italienische Sportzeitung „Corriere dello Sport“.

„Das war wichtig für Dienstag, wir wollten ein Zeichen setzen“, betonte Robben, der trotz Super-Auftritts ebenso wie Pizarro längst keine Einsatzgarantie hat. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge verlieh dem Auftritt des „würdigen und extrem verdienten deutschen Meisters“ das Prädikat „absolute weltklasse“. Selbstvertrauen gibt das 9:2-Spektakel gegen den HSV allemal. „In den letzten Wochen hat es bei uns ein bisschen gemenschelt - jetzt wollten wir wieder Maschinen sein“, erklärte Sportvorstand Matthias Sammer.

Aber auch im Jubel-Trubel über den vierthöchsten Bayern-Erfolg der Liga-Historie wurden die Nachlässigkeiten nach Eckbällen und Gegentreffern von Jeffrey Bruma und Heiko Westermann nicht vergessen. „Das sollte uns wachrütteln, weil es gegen Juventus auf keinen Fall passieren darf“, betonte Sammer. „Jetzt vier Gegentore in kurzer Zeit auch nach Ecken. Ich bin kein Mahner, sondern weise lediglich darauf hin.“ Und dann erinnerte Sammer noch an den 19. Mai 2012: Eckball auf Didier Drogba - der erste Schock an einem tränenreichen Final-Abend.

„Man muss in solchen Situationen konzentrierter sein. Im Champions-League-Spiel darf uns das nicht passieren“, erklärte Kapitän Philipp Lahm. „Das darf uns vor allem zu Hause nicht passieren.“ Ein Gegentor im Heimspiel könnte schon das Ende aller Halbfinal-Träume bedeuten. Zwar ging das bislang letzte Spiel gegen Juve 4:1 für die Bayern aus, aber die Königsklassen-Bilanz ist negativ. Zwei Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen gegen Turin. Überhaupt schnitten die Münchner gegen italienische Teams schlecht ab. Bei den bislang letzten sechs Champions-League-Teilnahmen beendeten viermal Italiener (zweimal AC, zweimal Inter Mailand) die Hoffnungen der Münchner.

„Sie machen aus nichts ein Tor“, warnte Schweinsteiger. Er und andere DFB-Kicker waren mit der Nationalmannschaft im Halbfinale der WM 2006 und der EM 2012 zudem zweimal ganz nah dabei, als Pirlo mit seiner Extraklasse entscheidende Tore einleitete. „Ein genialer Fußballspieler. Das Herzstück der Juve-Mannschaft, der Architekt, das Hirn der Mannschaft“, schwärmte Heynckes. Aber Juve sei vielmehr als Pirlo allein.

Selbstvertrauen haben wie die Bayern auch die Italiener nach dem 2:1 bei Inter Mailand. „Wir fahren nach München, um unseren großen Traum am Leben zu halten - und wir tun das mit einem Lachen und ohne Angst“, erklärte Trainer Antonio Conte.

Die voraussichtliche Aufstellungen:

FC Bayern München: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Luiz Gustavo, Schweinsteiger - Robben, Kroos, Ribéry - Mandzukic

Juventus Turin: Buffon - Barzagli, Bonucci, Chiellini - Lichtsteiner, Vidal, Pirlo, Pogba, Peluso - Marchisio - Vucinic

Schiedsrichter: Mark Clattenburg (England)