Bayern mit besserem Trainingsspiel vor Barça-Kracher
Hannover (dpa) - Die Generalprobe war ein besseres Trainingsspiel für den Europa-Gipfel mit Lionel Messi und Co. Unbeeindruckt von der Steueraffäre um Präsident Uli Hoeneß lieferte der FC Bayern München vor dem Champions-League-Knaller gegen den FC Barcelona eine weitere Bundesliga-Gala ab.
Beim 6:1 (3:0) gegen die überforderten Hannoveraner bewarben sich die prominenten Reservisten für einen Platz in der Startelf am Dienstag - allen voran die Doppel-Torschützen Mario Gomez und Claudio Pizarro.
„Wenn es läuft, dann läuft es“, sagte Nationalspieler Thomas Müller nach dem letzten Test vor dem Halbfinal-Hinspiel. „Keiner lässt nach, auch wenn wir schon Meister sind.“ Barcelona kann kommen - so lautete das Fazit eines amüsanten Bundesliga-Nachmittags, bei dem sich der deutsche Meister warm schoss und seine Rekordjagd fortsetzte. Zum Vergleich: Die Katalanen mühten sich in der Primera Division ohne den geschonten Messi zu einem 1:0 gegen Levante.
„Das Spiel hat gezeigt, dass ich keine B-Mannschaft habe, sondern nur eine A- Mannschaft“, lobte Bayern-Coach Jupp Heynckes und kündigte für das Halbfinale in der europäischen Glamourliga das nächste Kunstwerk an: „Es begegnen sich vielleicht die zwei besten Mannschaften Europas. Da kann man schon einiges erwarten.“ Statt nüchternem Ergebnisfußball begeisterte sein Team einmal mehr mit inspiriertem Erlebnisfußball. Nur Torwart Manuel Neuer unterlief ein grober Fehler vor dem Ehrentreffer von Andre Hoffmann (85.).
Ansonsten schien sich jeder der ins Team rotierten Spieler für Dienstag aufdrängen zu wollen. Gomez (40./62.) und Pizarro (71./86) empfahlen sich mit ihren Doppelpacks für die Mittelstürmer-Position, die durch die Sperre von Mario Mandzukic in der Partie gegen Barça vakant ist. Zuvor hatten Hannovers Lars Stindl per Eigentor (16.) und Franck Ribéry (22.) den munteren Torreigen eröffnet.
In seiner Saison der Superlative nimmt der FC Bayern damit auch den 41 Jahre alten eigenen Torrekord ins Visier. Die Münchner erhöhten ihr Trefferkonto in der Liga auf 89 - das entspricht einem Schnitt von 2,97 Toren pro Spiel. Als bisher einzigem Team war dem FCB in der Saison 1971/72 mehr als 100 Treffer (101) gelungen.
Vor allem Pizarro und Gomez lieferten sich ein lockeres Wettschießen. So hat Heynckes im Angriff auch ohne Mandzukic die freie Auswahl. Dass Gomez in Hannover als Mittelstürmer beginnen und nach seinem Doppelpack früh duschen durfte, spricht für den deutschen Nationalstürmer. Auch seine sechs Pflichtspieltreffer innerhalb einer Woche gegen Nürnberg, Wolfsburg und Hannover sind eine Empfehlung für den zweitbesten Champions-League-Torschützen der Vorsaison. Festlegen wollte sich Heynckes noch nicht. „Die Entscheidung treffe ich am Montag, spätestens am Dienstag“, sagte der Fußball-Lehrer.
Die bessere Vorstellung der beiden Stürmer gegen die harmlosen Hannoveraner bot Pizarro. Während Gomez als klassischer Abstauber mit zwei Treffern überzeugte, beeindruckte der peruanische Routinier zunächst auf der Zehner-Position. „Claudio Pizarro hat in seiner vorderen Mittelfeldrolle überragend gespielt“, analysierte Heynckes: „Er hat den Ball verteilt, zwei Vorlagen gegeben und auch Tore geschossen.“
Auch Sportvorstand Matthias Sammer war von der Leistung der beiden angetan. „Man muss beiden Stürmern ein Riesenkompliment machen. Beide sind in Topform“, sagte Sammer am Sonntag in der Sendung „Doppelpass“ des TV-Senders Sport.1 und ergänzte: „Jupp Heynckes wird die richtige Entscheidung treffen. Wir werden am Dienstag beide brauchen.“
Klar ist, dass Neuer im Tor stehen wird - trotz seines Aussetzers in Hannover. „Für uns war es wichtig, dass wir vor dem Spiel gegen Barcelona nicht nur ein gutes Ergebnis, sondern auch eine gute Leistung zeigen“, erklärte der Keeper. „Dann kann man in so ein Champions-League-Spiel mit einer breiten Brust und einem guten Gefühl gehen.“ Sein Patzer in Hannover - zum 1:5 - war in einer wie geschmiert laufenden Bayern-Maschinerie der einzige Schönheitsfehler. „Wenn der Spielstand nicht so ist, löst er das anders“, bemerkte Sammer.
Der sonst so kritische Sammer war vor dem Kracher gegen Barcelona sichtbar um Gelassenheit bemüht. Auch die Veröffentlichungen zur Unzeit in der Causa Hoeneß wertete er nicht als Störfaktor. „Das belastet uns überhaupt nicht“, versicherte er. Keiner der Verantwortlichen äußerte öffentlich Bedenken, dass der Fall Hoeneß zum Bayern-Problem werden könnte. Im Gegenteil: Nach Ansicht von Heynckes könnte die Steueraffäre sogar positive Folgen haben. „Bei uns gibt es immer irgendwelche Meldungen und Äußerungen und was weiß ich. Das schärft die Sinne, das macht uns noch aufmerksamer und noch ehrgeiziger“, lautete seine Botschaft: „Meine Mannschaft lässt sich von nichts beeinflussen und beeindrucken.“
Zumindest in Hannover stimmte das. Die Bayern setzten ihre Jagd nach Rekorden locker und kaum gestört fort. Der 26. Sieg in einer Saison ist eine neue Bestmarke, und den Punkterekord von Borussia Dortmund (81 Zähler) aus der vergangenen Saison stellten sie vier Spieltage vor Saisonschluss bereits ein. Gegen Barcelona wollen sie auch international weitere Maßstäbe setzen. Mehr als 200 000 Kartenanfragen lagen dem Deutschen Rekordmeister vor. Das Spiel selbst ist nur im Pay-TV bei Sky zu sehen.
Spätestens nach dem lockeren Bundesligasieg dachten die Bayern-Profis nur noch an Barca. Hannover war zwar ein letzter Test, aber kein ernstzunehmender Maßstab. „Wir können uns freuen auf so ein Highlight“, sagte Nationalspieler Jerome Boateng: „Das ist die beste Mannschaft der Welt.“