Bundesliga bläst zum Angriff in Europa

München (dpa) - Trotz der Spitzenquote von sieben Bundesligaclubs in der K.o.-Runde sieht Bundestrainer Joachim Löw den deutschen Fußball in Europa noch lange nicht am Ziel.

Da erstmals sieben Vereine überwintern, geht Deutschland als Top-Nation vor Spanien und England mit jeweils sechs Mannschaften in die in dieser Woche startende heiße Phase in Champions und Europa League. Das blendende Zwischenergebnis dürfe aber nicht der Anspruch sein, mahnte Löw: „Entscheidend wird die K.o.-Phase sein. Die Frage ist doch, ob es uns gelingt, auch mal mit zwei oder drei Teams ins Viertel- oder Halbfinale einzurücken.“

Auch Bayern Münchens Sportvorstand Matthias Sammer fordert, den Erfolgskurs im Champions-League-Achtelfinale und der Zwischenrunde der Europa League fortzusetzen. „Wir müssen konsequent weitergehen. Wir haben viele positive Entwicklungen, aber wir alle spüren, dass wir den letzten Schritt gehen müssen“, erklärte Sammer. Letzter Schritt heißt für Fredi Bobic, den Manager des VfB Stuttgart: „Es wird auch mal wieder Zeit, dass ein deutscher Club einen Titel gewinnt, um den Weg, den wir in Deutschland gehen, zu krönen.“

Schon zwölf Jahre liegt der bislang letzte Europapokalsieg eines deutschen Clubs zurück. 2001 triumphierten die Bayern unter Trainer Ottmar Hitzfeld mit den Anführern Stefan Effenberg und Oliver Kahn gegen den FC Valencia im Champions-League-Finale. Seitdem gab es fünf Niederlagen in Europapokal-Endspielen; drei in der Königsklasse und zwei im UEFA-Cup, dem Vorgängerwettbewerb der Europa League.

Der letzte Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 1996 in England liegt sogar schon 17 Jahre zurück. „Wir sind gut, aber den letzten Schritt muss man suchen“, erklärte der frühere DFB-Sportdirektor Sammer.

Erstmals qualifizierten sich in Borussia Dortmund, Bayern München und dem FC Schalke drei Bundesligisten in der Champions League als Gruppensieger für die K.o.-Phase. Der deutsche Meister aus Dortmund startet an diesem Mittwoch gegen Schachtjor Donezk als erstes Team ins Achtelfinale und ist dabei als inzwischen gehandelter Geheimfavorit auf den Titel ebenso wie Vorjahresfinalist FC Bayern gegen den FC Arsenal mit Lukas Podolski und Per Mertesacker favorisiert. Nur die Krisen-Schalker genießen diesen Status gegen Galatasaray Istanbul nicht mehr.

In der Europa League haben Bayer Leverkusen mit Benfica Lissabon und Borussia Mönchengladbach mit Lazio Rom, das auf den verletzten Nationalstürmer Miroslav Klose verzichten muss, renommierte Gegner zugelost bekommen. Hannover 96 muss gegen den russischen Club Anschi Machatschkala mit Starstürmer Samuel Eto'o antreten. Der kriselnde VfB Stuttgart trifft auf den belgischen Vertreter KRC Genk.

„Ich glaube, dass der Weg der deutschen Teams in den europäischen Wettbewerben noch lange nicht zu Ende ist“, sagte Gladbach-Coach Lucien Favre optimistisch. „Die Bundesliga wird sich in den kommenden Jahren nach meiner Einschätzung auf Augenhöhe mit den englischen und spanischen Clubs bewegen“, glaubt Hannovers Trainer Mirko Slomka.

Deutschland hat in der Fünfjahreswertung Italien von Platz drei verdrängt und greift aktuell England an. Nur Spanien liegt noch ungefährdet an der Spitze. Auch wirtschaftlich holt die deutsche Eliteliga auf. In der Saison 2011/12 durchbrachen die 18 Erstligisten erstmals die Umsatz-Schallmauer von zwei Milliarden Euro.

Für den Dortmunder Meistertrainer Jürgen Klopp sind die internationalen Erfolge in der Breite vor allem ein Resultat der verbesserten Talentförderung. „In Deutschland wurden vor vielen Jahren die richtigen Schlüsse aus einer Fehlentwicklung gezogen. Es sind die Leistungszentren, dank denen wir heute fantastisch ausgebildete Spieler zur Verfügung gestellt bekommen.“

Für Jungstars wie Götze, Reus, Hummels, Gündogan, Schmelzer, Müller, Kroos, Badstuber, Schürrle, Draxler oder die Bender-Zwillinge ist die internationale Bühne besonders wertvoll für die sportliche Weiterentwicklung. „Es war schon lange mein Wunsch, dass wir mehr Mannschaften in der K.o.-Runde haben, nicht nur die Bayern“, sagte Bundestrainer Löw: „Weil es für die Spieler wichtig ist, Erfahrungen zu sammeln auf diesem hohen Niveau. Man kann sie sich nicht kaufen, man muss sie sich über mehrere Jahre erarbeiten. Jetzt haben wir die Situation: Alle sieben Vereine sind weiter. Das ist gut für uns!“

Von den 19 Nationalspielern, die letzte Woche zum DFB-Kader beim 2:1-Länderspielsieg in Frankreich gehörten, sind 15 (!) noch in der Champions League dabei, dazu zwei in der Europa League. Nur die HSV-Profis René Adler und Heiko Westermann fehlen im Europacup.

„Großartig“ nennt Klopp diese Entwicklung: „Wir sind auf einem sehr guten Weg, aber wir müssen wach bleiben.“ Die früher beim DFB nicht immer harmonierenden Sammer und Löw sind sich ausnahmsweise einig in der neuen ambitionierten Zielsetzung für Bundesliga und Nationalelf: „Wir müssen eine Siegermannschaft entwickeln!“