Nach 0:3 in Paris Endzeitstimmung um Ancelotti - Rummenigge: War nicht Bayern

Paris (dpa) - Finito Carlo Ancelotti? Nach der Rückkehr der von Europas neuer Fußballgröße Paris St. Germain schwer geschlagenen Bayern nach München verdichtete sich die Endzeitstimmung rund um den Trainer.

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Mit stoischer Miene hatte der 58 Jahre alte Italiener in der Nacht den bedrohlichen Worten gelauscht, die sein Sitznachbar Karl-Heinz Rummenigge nach dem Zerfall des deutschen Meisters im Prinzenpark wählte. „Ich denke, das, was wir heute Abend gesehen haben, war nicht Bayern München“, sagte der Vorstandschef in seiner kurzen Ansprache beim vereinsinternen Bankett im Teamhotel. Die Stimmung am Vorstands- und Präsidiumstisch wirkte eisig.

Direkt nach dem 0:3 (0:2) gegen die Highspeed-Fußballer von Paris St. Germain um die sündhaft teuren und herausragenden Turbostürmer Neymar und Kylian Mbappé hatten die Münchner Bosse das Stadion bedrückt, verstört und auch sprachlos verlassen. Aber nach der höchsten Vorrundenniederlage in 21 Jahren Champions League wollte die Führung nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dieser 27. September 2017 war ein Einschnitt, der ein „Weiter so“ kaum mehr zulässt.

„Ich glaube, es war eine ganz bittere Niederlage, über die es zu sprechen gilt, die es zu analysieren gilt und aus der wir auch in Klartextform Konsequenzen ziehen müssen“, sagte Rummenigge und ergänzte: „Ich glaube, da sind wir uns alle einig, wenn ich hier so zu meiner Linken und Rechten in die Gesichter schaue.“

Uli Hoeneß, der Präsident, der etwas weiter rechts am Tisch saß und mit zusammengepressten Lippen zugehört hatte, nippte am Weißwein und klatschte dann wie die Mehrzahl der Zuhörer am Ende von Rummenigges Ansprache in die Hände. Der innerlich aufgewühlte Bayern-Chef hatte mit einer klaren Ansage geendet: „Es ist wichtig, dass wir schnell nach diesem Spiel wieder die Kurve kriegen und uns als Bayern München präsentieren. Und dann eben auch zeigen, dass wir eine Mannschaft sind, die in den letzten Jahren in Europa und auch national für Furore gesorgt hat, und dass wir da wieder anschließen.“

Die „Sport Bild“ meldete noch während des Rückflugs der Mannschaft, dass beim FC Bayern am Nachmittag eine Krisensitzung zur Zukunft des Trainers anstehe. Die „Bild“ berichtete nach der Landung, dass Ancelotti auf die Frage, ob er Coach bleibe, „kein Kommentar“ geantwortet habe. Eine Blitz-Trennung schien sich da anzubahnen.

Ancelotti hatte mit seiner Aufstellung im bislang bedeutendsten Spiel der Saison für Verblüffung und auch Irritation gesorgt. Die größere Erfahrung hatte Rummenigge vor dem „Prestigespiel“ als Vorteil des FC Bayern bezeichnet. Und dann saßen Weltmeister Mats Hummels und Franck Ribéry 90 Minuten auf der Bank. Arjen Robben wurde eingewechselt, als der Gruppengipfel nach Toren von Dani Alves (2.), Edinson Cavani (31.) und Neymar (63.) längst entschieden war. Jérome Boateng, auch ein Weltmeister, musste sogar von der Tribüne aus zuschauen.

„Ich bin jemand, der sehr viel über die Aufstellung nachdenkt. Ich bedaure nichts“, sagte Ancelotti. Er verteidigte seine Rotation, die seine Stars bei Laune halten soll, aber bei Hummels, Robben, Ribéry und Co. zunehmend für schlechte Laune sorgt. Ancelotti isoliert sich.

„Es stimmt, dass mit Robben, Ribéry und Hummels viele gute Spieler auf der Bank waren. Aber ich habe in jedem Spiel gute Spieler auf der Bank. So ist es in Topclubs. Gute Spieler müssen auf die Bank, das ist mein Job“, sagte Ancelotti. Ob die Bosse das weiter zulassen?

Ancelottis Matchplan scheiterte, begünstigt durch einen Fehlstart. „Das Gegentor nach einer Minute ist das schlimmste Szenario, das es gibt“, stöhnte Robben. 222-Millionen-Euro-Mann Neymar, Mbappé und Cavani konnten anschließend ihre Konterstärke ausspielen. Bayern war defensiv nicht präsent, führungslos im Mittelfeld. 18:1 Ecken, die eine Scheinüberlegenheit suggerierten, verpufften wirkungslos.

Die Spieler um Kapitän Thomas Müller rangen nach der Abreibung um Worte oder verweigerten eine Stellungnahme wie der innerlich kochende Hummels. „Das glauben Sie nicht wirklich“, sagte er auf die Bitte um einen Kommentar. „Die Niederlage kommt hart an, weil wir das so nicht gewohnt sind“, sagte Robben. „Peinlich“ und „schmerzhaft“ nannte er das Erlebte. „Das ist meine neunte Saison hier, und das ist man nicht gewohnt.“ Der Holländer meinte aber wohl nicht nur das Ergebnis.

Beim Thema Ancelotti wurden die Profis wortkarg. „Der Trainer trifft die Entscheidungen und stellt seine Pläne vor. Und die Mannschaft versucht, das dann bestmöglich umzusetzen“, sagte Müller. Robben bewahrte, mit geballten Fäusten, die Fassung: „Jeder Spieler, der sich jetzt nach außen unzufrieden äußert, bringt uns nicht viel.“ Wie verstört er war, machte der 33-Jährige indirekt deutlich: „Die Champions League ist das Schönste, was es gibt. Hohes Niveau, ein super Gegner - da will man natürlich ein gutes Spiel abliefern.“

Eindringlich appellierte Robben an den Zusammenhalt der Mannschaft. Schon am Sonntag geht es in Berlin gegen Hertha BSC weiter. „Da müssen wir gewinnen und sonst nichts. Das ist das letzte Spiel vor der Länderspielpause. Wir sind schon drei Punkte hinter Dortmund.“