Erfolgsformel abhanden - Hyypiä: „Klassenunterschied“
Leverkusen (dpa) - Die Erkenntnis nach dem 0:4 gegen das Pariser Fußball-Starensemble um Top-Stürmer Zlatan Ibrahimovic war für Bayer Leverkusen extrem bitter, auch für Sami Hyypiä. „Heute konnte man einen Klassenunterschied sehen“, sagte der Bayer-Chefcoach.
Und dann beschwor der Finne eine Weisheit aus einer anderen Sportart: „Wir müssen mental stark sein - wie ein Boxer, der nach einem Niederschlag wieder aufsteht.“
Hyypiä wirkte konsterniert und ratlos nach der Klatsche im Achtelfinalhinspiel der Königsklasse. Es war schon fast untertrieben, als er von einer „schwierigen Phase“ seiner Elf sprach. Acht Pflichtspiele, sechs Niederlagen, drei binnen einer Woche in der BayArena, darunter das 0:1 im DFB-Pokal gegen Zweitligist Kaiserslautern: Das ist eine heftige Krise, auf die der einstige Champions-League-Gewinner im ersten Moment nur eine Antwort fand: „Ich muss viele Psychologen einladen.“
Ob das hilft? Es darf bezweifelt werden, wenngleich Sportchef Rudi Völler fast schon trotzig zum wiederholten Mal darauf verwies, dass die Mannschaft ja noch immer Tabellenzweiter sei. Eines aber musste Völler einräumen: „Wir stoßen an unsere natürlichen Limits, wirtschaftlich und auch in der Qualität.“ Das 0:4 war eine klare Botschaft: Auf europäischem Topniveau ist Bayer schlicht überfordert. Völler bemerkte im TV-Sender Sky: „Das ist einfach eine Qualitätsfrage.“
Die Niederlage gegen Paris St. Germain vor 29 412 Besuchern nach Toren von Blaise Matuidi (3. Minute), Ibrahimovic (39./Foulelfmeter/ 42.) und Yohan Cabaye (88.) und das Heim-0:5 gegen Manchester United in der Gruppenphase Ende November sagen alles. „Das war schon ein Klassenunterschied“, bemerkte auch der einstige Bayer-Leader Michael Ballack, der sich das Debakel gegen Frankreichs Meister als Zuschauer antat. Gonzalo Castro drückte es drastisch aus: „Das war scheiße!“ Dass im bedeutungslosen Rückspiel in Frankreichs Hauptstadt am 12. März Emir Spahic (Gelb-Rot/59.) fehlt, ist schon fast unerheblich.
Völler beschwor im Anschluss an die Schlappe gegen die millionenschwer verstärkte Weltauswahl von Paris-Trainer Laurent Blanc den Glauben der Bayer-Profis an sich selbst: „Das müssen wir tun. Wir sind definitiv besser.“ Roberto Hilbert („Das war extrem enttäuschend“) hat arge Bedenken vor den kommenden Aufgaben in Wolfsburg, gegen Mainz, in Paris und bei den Bayern: „Wir müssen jetzt schnell wieder frei werden. Denn sonst wird's in der Bundesliga schnell nach unten gehen.“
Die Stimmung sei „sehr angeschossen“, hielt Stefan Reinartz mit Mutlosigkeit in Stimme und Gestik fest: „Man läuft ein bisschen hin und her - wie die Hasen“, schilderte der Defensivmann den Auftritt gegen PSG. Auch Hyypiä, der sonst immer Optimismus auszustrahlen versucht, wirkte fast schon verzweifelt: „In diesem Moment ist es sehr schwer, positiv zu sein.“ Kein Leverkusener konnte sein Potenzial abrufen, in den Zweikämpfen waren Ibrahimovic und Co. höchst überlegen.
Kein Zweifel: Bayer ist angeschlagen und fürchtet um eine erfolgreiche nahe Zukunft. Hilbert: „Es wird sich am Samstag zeigen, was für eine Qualität und Mentalität wir haben. Wir wollen nächste Saison Champions League spielen, deshalb müssen wir in Wolfsburg gewinnen.“ Die Konkurrenz rückt näher und näher: Leverkusen (43 Punkte) droht von Dortmund (42) über- und von Schalke (40) eingeholt zu werden. Da sehnte sich Hyypiä nach persönlicher Entspannung: „Ich gehe nach Hause und versuche zu schlafen.“