Experten: Deutsches Finale kein Indiz für Wachablösung
London (dpa) - Ein deutsches „Wembley-Finale“ in der Champions League ist zum Greifen nah, ein Indiz für eine Verschiebung der Machtverhältnisse im Fußball sei dies aber nicht - meinen jedenfalls die beiden Erfolgstrainer Arsène Wenger und Vicente Del Bosque.
„Soweit sollten wir nicht gehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Dortmund bei normalen Schiedsrichter-Entscheidungen gegen Malaga ausgeschieden wäre. Wir können nicht ein Event nehmen und generelle Schlussfolgerungen ziehen“, sagte Wenger auf der Internetseite seines Clubs FC Arsenal.
Auch Del Bosque, der Spanien bei den letzten Großturnieren zum WM- und EM-Titel geführt hat, sieht die spanische Vorherrschaft keineswegs beendet. „Die Duelle sind noch nicht entschieden. Nächste Woche werden wir eine genauere Analyse machen können. Man darf nicht überstürzt reagieren. Kann ja sein, dass wir nächsten Dienstag oder Mittwoch das, was wir jetzt sagen, zurücknehmen müssen“, sagte Del Bosque bei einer Ehrung im nordwestspanischen Ribeira. Die Nationalelf Spaniens führe ja seit Jahren die Rangliste des Weltverbandes FIFA an, zudem spielten in der spanischen Liga die besten Ausländer. „Nur wegen der beiden Spiele darf jetzt kein Pessimismus aufkommen“, ergänzte der Coach.
Laut Wenger müsse man die deutschen Erfolge differenziert betrachten. Bayern München sei ein Top-Team in Europa und ein „isoliertes Phänomen“ in Deutschland. „Sie standen letztes Jahr im Finale und haben in den letzten vier Jahren dreimal das Finale erreicht“, ergänzte Wenger, womit er die mögliche Endspiel-Teilnahme der Münchner in diesem Jahr schon eingerechnet hat. Die Bayern seien eine „finanzielle Macht“ in Deutschland. „Ich denke, der Rest ist sehr offen. Nächste Saison werden wir die englischen Teams wieder sehen.“
Keiner der vier englischen Clubs war in diesem Jahr ins Viertelfinale der Königsklasse eingezogen. Für Manchester City und den FC Chelsea war bereits in der Vorrunde Endstation, für Manchester United und Arsenal im Achtelfinale. Das hat auch Auswirkungen auf die Fünfjahreswertung der UEFA. Aktuell bringt es Deutschland auf 78,757 Punkte, womit sich der Rückstand auf die Premier League nur noch auf 3,492 Zähler beläuft. In der Ausgangswertung für die Saison 2013/14 sind es gar nur noch 1,179 Punkte.
In diesem Ranking bleibt Spanien vorn, und Del Bosque hat den Finaleinzug vom FC Barcelona und Real Madrid noch nicht abgeschrieben. „Es gibt noch Chancen in den Rückspielen“, betonte er. Mit den Kantersiegen von Bayern München (4:0 über Barcelona) und Borussia Dortmund (4:1 über Real) habe aber niemand gerechnet, räumte der 62-Jährige ein.
Der langjährige Bundesliga-Coach Felix Magath rechnet dagegen mit einer Vorherrschaft der deutschen Clubs in Europa. „Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesliga in den kommenden Jahren Europa beherrschen wird, da sie von der Finanzkrise profitiert, die vor allem Südeuropa trifft“, sagte der ehemalige Bundesliga-Trainer im Interview der französischen Sportzeitung „L'Équipe“. Magath betonte, dass die deutschen Vereine zudem nun auch die Früchte einer guten Ausbildung und einer intelligenten Einkaufspolitik ernten.