„FeliZidane“: Real-Coach von 3. Liga zum Gipfel Europas
Madrid (dpa) - Beim Jubel mit seinen Schützlingen verlor Zinedine Zidane irgendwo im Estadio Santiago Bernabéu sein teures Sakko. Den Franzosen kümmerte das wenig. Schließlich müssen solche kometenhaften Trainer-Aufstiege gebührend gefeiert werden.
Vor vier Monaten hatte der 43-Jährige noch fern der Öffentlichkeit die Reserve von Real Madrid in der 3. Liga gecoacht, nun ist er mit den Stars des spanischen Rekordmeisters um Weltmeister Toni Kroos und Cristiano Ronaldo kurz vor dem Fußball-Gipfel Europas. „Ich bin Trainer dieser Mannschaft, irgendetwas habe ich also sicher richtig gemacht“, sagte Zidane bescheiden. „Der Erfolg ist aber ein Verdienst von uns allen.“
Die 14. Finalteilnahme von Real in Champions League und dem Europapokal der Landesmeister ist perfekt. Spieler und Medien ernannten Zizou prompt zum Vater des Erfolgs. „Ganz ehrlich, es gab diese Saison viele Augenblicke, wo wir uns niemals so etwas Schönes hätten vorstellen können“, sagte Dani Carvajal am Mittwoch. Durch den 1:0-Sieg gegen Manchester City kommt es am 28. Mai in Mailand nun zu einer Neuauflage des Endspiels von 2014 gegen Stadtrivale Atlético, vor zwei Jahren gewann Real 4:1 nach Verlängerung.
Mit einem Seitenhieb auf den Anfang Januar gefeuerten Coach Rafa Benítez fügte Carvajal an: „Zidane hat es geschafft, dass wir alle in eine Richtung rudern und eine Einheit sind“, sagte der Ex-Außenverteidiger von Bayer Leverkusen. „Das ist der Schlüssel des Erfolgs.“
Ähnlich äußerten sich Kapitän Sergio Ramos und sogar auch der sonst mit Lob für andere eher zurückhaltende Ronaldo. „Zidane hilft uns sehr, und wir helfen ihm“, sagte der dreimalige Weltfußballer aus Portugal, der am Mittwoch nach einer Oberschenkelblessur nicht seinen besten Abend hatte. In einer langweiligen Partie reichte nach dem 0:0 vom Hinspiel ein Eigentor des ManCity-Brasilianers Fernando (20.) nach Schuss von Gareth Bale zum Weiterkommen.
„Viva Madrid!“, war am Donnerstag groß auf Seite eins der Sportzeitung „AS“ zu lesen. Ein Blatt-Kolumnist wandelte das spanische Wort Felicidad (Glück) zu Ehren des Trainers einfach in „FeliZidane“ um. Der Weltmeister von 1998 scheint immer zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. Mit seinem Volleyschuss trug er 2002 beim 2:1 im Glasgower Finale über Bayer Leverkusen entscheidend zum neunten Königsklassen-Titel von Real bei. „Dann war er bei der Décima (dem 10. Titelgewinn) als Helfer von Carlo Ancelotti Komplize des Erfolgs, und nun ist er drauf und dran, zum Kaiser der Undécima (des 11. Erfolgs) zu werden“, schrieb „AS“.
Der einstige Filigrantechniker könnte als erster französischer Coach den 7,5 Kilo-Pokal in die Luft heben, zudem hatte zuvor nur Frank Rijkaard sowohl als Spieler und als Trainer in der Champions League triumphiert. „Natürlich träume ich von der Undécima, aber im Finale gibt es keinen Favoriten“, warnte der Mann aus Marseille vor dem mit Spannung erwarteten Duell gegen seinen exzentrischen Atlético-Kollegen Diego Simeone um die Nachfolge des FC Barcelona.
Die britische Presse kritisierte unterdessen die Citizens scharf. „Das größte Verbrechen ist, dass Manchester City im wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte nicht alles gegeben hat“, so das Boulevardblatt „The Sun“. „The Guardian“ titelte: „Ängstliches City schied nach einem Eigentor sang- und klanglos aus.“ Trainer Manuel Pellegrini erklärte zwar, dass sein Team „sehr gut gearbeitet habe“, musste allerdings auch zugeben, dass die Offensive wenig bis gar nicht stattfand. „Haben wir genug für einen Sieg getan? Ich weiß es nicht“, sagte auch Torhüter Joe Hart.
In Manchester, wo Bayern-Coach Pep Guardiola sehnlichst erwartet wird, gilt als sicher, dass Yayá Touré nach einem erneut lustlosen Auftritt wird gehen müssen. Auch über die Zukunft von Abwehrchef Vincent Kompany wird spekuliert. Seit 2008 ist der Ex-Hamburger bei Manchester City mit 33 Verletzungen ausgefallen, in Madrid musste er nach neun Minuten erneut wegen Muskelproblemen vom Platz.
Eines steht aber schon fest. In Mailand wird Spanien sein Titel-Konto in der Königsklasse auf 16 aufstocken und den Vorsprung auf Italien und England (je 12) ausbauen. „Wir sind Fußball“, jubelte ein TV-Kommentator.