Historischer Alptraum: Wunder-Messi demütigt Bayer
Barcelona (dpa) - Blamiert, demontiert und gedemütigt - als Lionel Messi mit fünf Toren in eine neue Dimension des Fußballs vorstieß und für spanische Medien zum „achten Weltwunder“ aufstieg, standen die Profis von Bayer Leverkusen in einer Mischung aus Bewunderung und Hilflosigkeit Spalier.
„Ein Alptraum! Barcelona spielt in einer anderen Liga“, befand Kapitän Simon Rolfes nach dem 1:7 (0:2)-Untergang des Bundesliga-Fünften im Achtelfinale der Champions League beim FC Barcelona. „Wir wollten uns nicht abschlachten lassen“, sagte Stürmer Stefan Kießling. „Für uns alle ist es bitter. Wir hatten uns den Tag anders vorgestellt.“
Bayers Vereinschef Wolfgang Holzhäuser flüchtete sich nach dem Debakel im Estadio Camp Nou in Galgenhumor. „Jetzt trinken wir ein Glas und lachen. Man muss auch vergessen können“, appellierte er in seiner Ansprache nach dem peinlichen Rauswurf aus der Königsklasse an seine Spieler. „Man kann mal hinfallen, auf sich rumtrampeln lassen, aber man muss wieder aufstehen können.“ Den Bayer-Profis fiel es nach der bittersten und zugleich höchsten Europacup-Pleite in der Clubgeschichte jedoch schwer, wieder in die Realität zurückzufinden.
Angespornt durch das 2:0 gegen Bayern München wollte die schon im Hinspiel 1:3 unterlegene Werkself mutig auftreten statt zu mauern und nur Schadensbegrenzung zu betreiben. „Das ging in der zweiten Halbzeit in die Hose. Wenn man 0:3, 0:4 zurückliegt, ist es schwer sich aufzubäumen“, berichtete Kießling. Am Ende stand die zweithöchste Niederlage eines deutschen Clubs im Landesmeister-Wettbewerb nach dem 1:8 des 1. FC Köln vor 50 Jahren in Dundee. Aber trotz des finalen Debakels machte Bayer in dieser Champions-League-Saison Kasse und nahm 21 Millionen Euro ein.
„Für diese Art von Fußball gibt es keine Worte“, meinte Bayer-Cheftrainer Robin Dutt nach dem ungleichen Duell mit der katalanischen Übermannschaft. „Es wird einfach sein, das Spiel zu vergessen.“ Deshalb gebe es keinen Grund, den ganzen deutschen Fußball infrage zu stellen. „Barcelona kann so gegen jedes Team aus jeder Liga spielen.“ Der 47-Jährige glaubt, dass das Debakel keine psychologische Last für die Bundesligapartie am Samstag beim VfL Wolfsburg wird. „Ich bin überzeugt, dass wir eine hervorragende Leistung bringen werden. Denn die Kräfteverhältnisse sind anders.“
Schließlich will Leverkusen nach drei Liga-Siegen in Folge und bei nur vier Punkten Rückstand auf Rang vier die Rückkehr in die europäische Premium-Klasse noch in dieser Saison schaffen. „Wir haben wieder Anschluss an die Champions-League-Plätze und wollen uns das nicht kaputt machen lassen“, sagte Bayer-Sportchef Rudi Völler. „Wir wollen nächstes Jahr wieder gegen Barcelona spielen. Diese Niederlage ist keine Schmach.“
Es sei ja nicht so schlimm, wie es den Anschein habe. Denn gegen Barcelona habe man nur 1:2 verloren und gegen Lionel Messi 0:5, hieß es scherzhaft auf dem nicht so lustigen Gala-Abend im Mannschaftshotel. Das 24-jährige Fußball-Naturereignis hatte der Partie eine historische Note gegeben. Mit seinen fünf Treffern in der 25., 43., 49., 58. und 84. Minute stellte er einen Champions-League-Rekord auf. Zwei weitere Tor für Barça schoss Tello (55./62.), das 1:7 markierte Karim Bellarabi (90.) für Bayer.
„Es ist fantastisch, wenn so etwas wie in dieser Nacht für einen herauskommt, aber es wird schwer werden, das zu wiederholen“, meinte der dreimalige Weltfußballer und Ball-Messias. „Das Händchen Gottes“, lobte die spanische Sportzeitung „Marca“ auf der Titelseite den Nachfolger von Diego Maradona. „Sport“ nannte den nun 49-fachen Champions-League-Torschützen das „achte Weltwunder“ und „ein Geschenk Gottes“. Aber auch ausländische Medien schwärmten in den höchsten Tönen. „Die Frage ist nicht mehr länger, ob Messi der beste Spieler der Gegenwart ist; die Frage ist, ob er der beste aller Zeiten ist“, schrieb die „Times“.
Bei Messis Trainer entfachte das Tore-Festival pure Begeisterung. „Wir waren Zeugen einer sehr besonderen Nacht mit Messi. Es war ein Geschenk“, sagte Josep Guardiola, der die Katalanen zum fünften Mal in Serie ins Viertelfinale der „Königsklasse“ führte, und fügte an: „Wenn er gewollt hätte, hätte er noch ein sechstes Tor schießen können.“ Bayer-Sportdirektor Rudi Völler, selbst einst ein Weltklassestürmer, war beeindruckt: „Er ist schon jetzt ein Großer wie Pelé, Eusébio oder Franz Beckenbauer.“