Begeisterung auf Zypern: „Wunder heißt APOEL“
Nikosia (dpa) - Ganz Fußball-Europa staunt weiter über Zyperns Zauberfußballer, auf der Mittelmeerinsel wurde die Nacht zum Tag. Bis in die frühen Morgenstunden feierten die Anhänger des zyprischen Meisters APOEL Nikosia in der Hauptstadt den historischen Triumph mit Autokorsos und Hupkonzerten.
Mit dem Einzug ins Viertelfinale der Champions League hat der Club seinem Königsklassen-Märchen ein weiteres Kapitel hinzugefügt. „Du APOEL treibst uns zum Wahnsinn“, schrieb die politische Zeitung „Simerini“ auf ihrer kompletten Titelseite über den 4:3-Sieg im Elfmeterschießen gegen den siebenmaligen französischen Meister Olympique Lyon.
„Wir haben Geschichte für dieses Land geschrieben und sind stolz darauf“, sagte Torschütze Gustavo Manduca. Im Überschwang der Gefühle hatte der Angreifer nach seinem Treffer zum 1:0 sein Trikot ausgezogen. Eine Aktion, die sich später rächte, sah Manduca in der Verlängerung doch die Gelb-Rote-Karte. Seine Freude trüben konnte das nicht. „Das war ein Geschenk Gottes“, sagte der 31-Jährige über seinen Treffer. „Ich habe die Mannschaft im Spiel gehalten - es macht mich einfach stolz, was heute Abend passiert ist.“
Schon im Stadion herrschte der Ausnahmezustand, als Torwart Dionisios Chiotis den entscheidenden Elfmeter pariert hatte. Wie kleine Kinder tollten sich Nikosias Profis auf dem Spielfeld und begruben Chiotis unter einer riesigen Menschentraube. „Wir haben etwas erreicht, mit dem vor Saisonbeginn keiner gerechnet hatte. Jetzt wird die Sache ernst“, sagte der Torwart, eigentlich nur Nummer zwei bei APOEL.
Auf den Rängen lagen sich die Zuschauer in den Armen, zuvor hatte die „orangene Wand“ die Gastgeber 120 Minuten lang frenetisch nach vorne gepeitscht. „Das Wunder heißt ab jetzt APOEL“, titelte die zyprische Sportzeitung „Sportime“. Das Blatt „Goal“ schrieb: „Danke Gott! Das Wunder von APOEL.“
Der zyprische Traditionsclub ist erst zum zweiten Mal im Millionenspiel Königsklasse dabei, vor zwei Jahren schied das Team sang- und klanglos ohne jeden Sieg als Gruppenletzter aus. Niemand nahm Notiz von den Billigkickern.
Dieses Mal ist alles anders. Der bunt zusammengewürfelte Haufen aus Brasilianern, Portugiesen, Griechen und Zyprern verzückt die Massen, obwohl sein Marktwert gerade einmal bei rund 15 Millionen Euro liegt. Zum Vergleich: Allein Lyons Stürmer Lisandro López wird mit 18 Millionen Euro taxiert.
Wie so vieles auf Zypern verkörpert auch APOEL die Zerrissenheit der Insel. Der 1926 gegründete Verein gilt als eng verbunden mit griechischen Nationalisten und erlebte nach dem Krieg sogar eine Spaltung. Doch am Triumphzug durch Europa nehmen nun alle Zyprer teil. Das Selbstvertrauen ist so groß, dass der Fußballzwerg vor niemandem mehr Angst hat - mit einer Ausnahme: „Der FC Barcelona muss es nicht sein“, sagte Chiotis.